Kaltenborn: Zuhause bei Kindermörder Silvio S. (32) – „Oft allein unterwegs, nie in der Disco“

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In der Zwei-Zimmer-Wohnung im 1. Stock seines Elternhauses im Dorf Kaltenborn bei Jüterbog, 80 Kilometer südlich von Berlins Mitte, hat hat Wachschützer Silvio S. (32) den entführten Mohamed Januzi (4) laut seinem Geständnis mit Chloroform ruhig gestellt, mehrfach sexuell missbraucht und mit einem Gürtel erdrosselt. Die Leiche von Elias (6), dessen Mord er ebenfalls gestand, hat er in seinem Kleingarten in Luckenwalde vergraben.
In der Zwei-Zimmer-Wohnung im 1. Stock seines Elternhauses im Dorf Kaltenborn bei Jüterbog, 80 Kilometer südlich von Berlins Mitte, hat Wachschützer Silvio S. (32) den entführten Mohamed Januzi (4) aus Berlin Moabit laut seinem Geständnis mit Chloroform ruhig gestellt, mehrfach sexuell missbraucht und mit einem Gürtel erdrosselt. Die Leiche von Elias (6) aus Potsdam, dessen Mord er ebenfalls gestand, hat er in seinem Kleingarten in Luckenwalde vergraben.

Heute vormittag wurde der am 1. Oktober 2015 in Moabit entführte und danach getötete Flüchtlingsjunge Mohamed Januzi (4) aus Bosnien-Herzegowina auf dem muslimischen Teil des Landschaftsfriedhofs Berlin Gatow mit einem Trauermarsch aus 350 Menschen beerdigt. Die Kosten wurden mit Spendengeldern bezahlt.

 

Der Flüchtlingsjunge Mohamed Januzi (4) wurde am 1. Oktober 2015 mittags vom Gelände des LaGeSo in der Turmstraße 21 in Berlin Moabit von einem Mann entführt. (Foto: Polizei)
Der Flüchtlingsjunge Mohamed Januzi (4) wurde am 1. Oktober 2015 mittags vom Gelände des LaGeSo in der Turmstraße 21 in Berlin Moabit von Silvio S (32), seinem Schänder und Mörder, entführt. (Foto: Polizei)

Im zu erwartenden Prozess gegen den geständigen Kindermörder Silvio S. (32) aus dem brandenburgischen Dorf Kaltenborn, 80 Kilometer südlich von Berlin, will Mohameds Mutter, Aldiana Januzi (28), als Nebenklägerin auftreten. Allerdings drohte der Familie die Abschiebung, weil Bosnien-Herzegowina als sicheres Land gilt. Doch die Familie darf ausnahmsweise bleiben.

Der seit dem 8. Juli 2015 nachmittags vom Spielplatz vor seiner elterlichen Wohnung am Inselhof in Potsdam-Schlaatz verschwundene Elias S. (6) wurde gestern tot im Garten der Kleingartenkolonie Eckbusch e.V. in Luchenwalde gefunden, dort hatte ihn sein Entführer und Mörder, Wachschützer Elias S. (32) aus Kaltenborn im Landkreis Teltow-Fäming, vergraben. (Vermisstenfoto: Polizei)
Der seit dem 8. Juli 2015 nachmittags vom Spielplatz vor seiner elterlichen Wohnung am Inselhof in Potsdam-Schlaatz verschwundene Elias S. (6) wurde am 30. Oktober 2015 tot im Garten der Kleingartenkolonie Eckbusch e.V. in Luckenwalde gefunden, dort hatte ihn sein Entführer und Mörder, Wachschützer Elias S. (32) aus Kaltenborn im Landkreis Teltow-Fäming, vergraben. (Vermisstenfoto: Polizei)

Wann das zweite Mordopfer, Elias (6) aus Potsdam Schlaatz, beigesetzt wird, steht noch nicht fest. Der Erstklässler war am 8. Juli 2015 vom Spielplatz vor seiner Wohnung im Neubaugebiet entführt worden. Seine Leiche wurde am Freitag (30. Oktober 2015) im gepachteten Garten von Silvio S. in Luckenwalde gefunden.

Der Doppelmörder, der beide Taten gestanden hatte, sitzt seit dem 31. Oktober 2015 in Untersuchungshaft in der JVA Berlin Moabit. Am Sonntag, dem 1. November 2015, wurde er in eine Einzelzelle verlegt, nachdem ihn ein Mitgefangener trotz Begleitschutzes durch zwei Wachmänner beim Hofgang von hinten angegriffen  und mit Faustschlägen leicht verletzt hat, wie Berlin Journal berichtete.

Nach Darstellung von Silvio S. waren die Taten nicht geplant – die Indizien Zuhause in Kaltenborn sprechen dagegen.

Die Ermittler beschrieben Silvio S. in den Vernehmungen als eher gefühlskalt. Während Silvio S. auf Anraten seiner beiden Strafverteidiger dazu schweigt, wie er Elias umgebracht hat, will Silvio S. den kleinen Mohamed eher im Affekt getötet haben.

Schließlich sei Silvio S., der als Wachschützer in Luckenwalde Autohäuser vor Einbrechern und Dieben bewachte, mit Teddys und Plüschtüren zur Flüchtlingserstaufnahme LaGeSo in die Turmstraße nach Berlin Moabit gefahren, um „Gutes zu tun“, berichtete Silvio S. der Polizei.

Und weiter: Der Junge sei ihm gefolgt, nachdem er ihm einen Teddy geschenkt habe. Er habe das Kind zwar in seiner Wohnung mehrfach sexuell missbraucht, aber getötet habe er ihn nur, weil der Junge so gequängelt habe.

Die Eltern, die im Erdgeschoss unter seiner Wohnung lebten, sollten nichts mitbekommen. Deshalb haber er zum Gürtel gegriffen und das Kind erdrosselt und anschließend auf dem Dachboden versteckt.

Doch die Kriminaltechniker machten Entdeckungen, die für die Möglichkeit sprechen, dass Silvio S. seine Taten eiskalt geplant haben könnte.

Kinderpornos und Chloroformflaschen

Die Ermittler entdeckten auf den Computerfestplatten von Silvio S. Kinderpornos.

Auf dem Handy von Silvio S. waren zwar die meisten Dateien gelöscht. Doch LKA-Spezialisten konnten Bild- und Filmdateien wiederherstellen. Sie entdeckten Fotos von Jungen und Mädchen.

Auf einem Video ist der Missbrauch von Mohamed (4) zu sehen.

Ein Bild zeige einen „bewusstlosen, toten oder schlafenden Jungen, bei dem es sich um Elias handeln könnte.“ Das berichtet der „Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe.

Außerdem fanden Kriminaltechniker bei der Hausdurchsuchung eine Vielzahl an Chloroformflaschen. Beim Einatmen von Chloroform verliert man das Bewußtsein. Mathias Noll, Anwalt von Silvio S., bestätigte, dass sein Mandat im Fall Mohamed in der Vernehmung den Einsatz von Chloroform eingeräumt habe.

Und warum hat Silvio S. vor fast einem Jahr im Dezember 2014 26 Kilometer von seinem Zuhause entfernt ein völlig verwildertes Gartengrundstück in einer Kleingartenanlage in Luckenwalde gepachtet, das er gar nicht gärtnerisch nutzte?

Dort fand man vergangenen Freitag die Leiche des ermordeten Elias im Erdboden verscharrt.

Der Entfüher Silvio S. (32) wurde heute an seiner Meldeadresse in Kaltenborn bei Jügerbog verhaftet. Er hat die Entführung und Tötung von Mohamed (4) gestanden. Der Junge lag schon mehrere Tag tot im Kofferraum seines weißen Dacias Lodgy. Die Mutter hatte Silvio S. auf den Fahndungsfotos erkannt und die Polizei informiert. (Fahndungsfoto: Polizei)
Der Entfüher Silvio S. (32) wurde am 29. Oktober 2015 an seiner Meldeadresse in Kaltenborn bei Jügerbog verhaftet, sitzt zu seinem eigenen Schutz vor Mitgefangenen in Einzelhaft in der JVA Moabit. (Fahndungsfoto: Polizei)

Als Silvios Mutter, Astrid S. (52, Betreiberin eines Getränkeladens in Luckenwalde) am Donnerstag, den 29. Oktober 2015, von ihrem Sohn das Geständnis hörte, dass er der Mann auf den Entführer-Videos ist, zögerte sie. Doch ihr Mann Dieter S. (71) forderte sie auf: „Los, ruf die Polizei.“ Dann wählte sie die Nummer der Berliner Polizei.

Doch wie alltäglich musste der Mord an dem kleinen  Mohamed inzwischen für Silvio S. geworden sein, wenn er nach dem Auffliegen bei seinen Eltern noch mit dem Leichnam des Kindes im Kofferraum, den er in Katzenstreu in eine Plastikwanne getan hatte, um den Leichengeruch zu unterdrücken, mit dem Wagen durch die Gegend fuhr, um ein Geschenk zum Geburtstag seiner Cousine zu besorgen?

Als er nach Hause zurückkam, klickten die Handschellen.

Für die Polizei war Silvio S. bis dahin „ein unbeschriebenes Blatt“.

Aber hat im Familienkreis und im Dorf Kaltenborn wirklich niemand etwas von den Neigungen des offensichtlichen Trieb-Serientäters etwas geahnt?

Der Vater (71, heute Rentner) kam als gelernter Schäfer aus Pritzwalk in der brandenburgischen Prignitz in den 1980er mit der Familie nach Kaltenborn in den Fläming.

Die Großmutter Gisela A. (80) kam nach, als Silvio ein Jahr alt war. Sie zog praktisch Silvio und dessen Schwester groß. Bis heute kocht sie für die ganze Familie. Silvio S. war Omas Liebling. Es gab oft Spaghetti mit Tomatensoße  und selbstgemachte Pizza mit Salami und Schinken, weil Silvio S. das so gern aß.

Als Kind spielte Silvio viel im Garten, fuhr mit seinem Roller durchs Dorf. Freunde fand der stille Junge schon damals nur schwer.

„Silvio war ein extremer Einzelgänger. Er hatte keine Freunde, war sehr schweigsam, ein Sonderling“, berichtete ein Klassenkamerad der B.Z., der mit Silvio S. von 1997 bis 2000 die Fläming-Schule besuchte. Neben seinem Foto im Jahrbuch steht: „Man kann über ihn nicht viel sagen, nur so fragen: Hat er das Sprechen überhaupt gelernt? Von unserer Clique war er weit entfernt.“

Silvio S. fand zunächst eine Lehrstelle als Fliesenleger. Doch die Arbeit war für den schmächtigen Jugendlichen zu schwer, er brach ab. Damit er was auf die Rippen bekäme, sollte er Koch werden. Doch auch hier brach er ab, fand schließlich einen Job als Wachschützer. Wobei er es nicht mochte, an einem Ort zu stehen, er fuhr lieber von Objekt zu Objekt, so erzählte die Großmutter.

Im Sat1-Magazin Akte 20.15 beschrieb die Großmutter Silvio so: „Ein bescheidener, ruhiger Typ.“

Vater Dieter S. ergänzte: „Ich habe es nicht geglaubt vorher. Brutal oder so was war er nie. Warum, weswegen er jetzt sowas gemacht hat?“ Der Vater zuckte hilflos mit den Schultern.

„Das passt einfach nicht zu seinem Charakter“, fand Oma Gisela. „Nee“, stimmte der Vater zu.

Wenn etwas Unangenehmes passiert sei, habe er sich zurückgezogen. „Dann ist er in sein Zimmer gegangen. Und wenn mal etwas Schönes war, dann hat er auch mitgemacht. Dann war er auch mal lustig. Aber, dass er sich so richtig freuen konnte, das hat man nie gemerkt“, beschrieb sie den Enkel.

Die Oma rang weiter nach Worten: „Er ist sensibel, er ist in sich gekehrt, er kommt nicht aus sich raus.“

Silvio S. sei als Junge im Hort gewesen und habe „wie alle Kinder“ gespielt. Einmal sei ihm ein Ast auf den Kopf gefallen. „Dann hat er ein Loch im Kopf gehabt. Er hat aber nie geweint.“

Sie schilderte weiter, dass Silvio S. „weder ein Mädchen noch einen Jungen“ mit nach Hause gebracht habe.

„Nie in der Disco“

Auf die Frage der Reporterin, ob sie sich deshalb Gedanken gemacht habe, sagte sie: „Wir haben dann gesagt, er hat ja nicht die Gelegenheit. In die Disco ist er auch nicht gegangen.“ Er habe oft in der Familie babygesittet und sei oft allein unterwegs gewesen. „Er hat sich immer gut mit den Kindern verstanden, war nicht brutal“, sagte Vater Dieter S.

Warum sie nichts von dem entführten Mohmed mitbekommen haben, erklärte Silvios Vater so: „Wenn der in sein Zimmer gegangen ist, dann kann er ruhig einen ‚Stift‘ beihaben. Wenn der seinen Fernseher laut hat, da hört man nichts.“

Silvios Schwester sei früh ausgezogen. Silvio eben nicht, er bezog zwei Zimmer im 1. Stock des elterlichen Hauses.

In seiner Freizeit  habe ihr Enkel an Autos geschraubt, erzählte die Oma. Die Arbeitskleidung, die er auf den Überwachungsbildern trägt, damit sei er immer in die Garage gefahren.

Die Eltern wussten meist nur, dass ihr Sohn im Haus ist, wenn sie seinen weißen Transporter vor der Tür stehen sahen. Silvio S. ging jede Nacht für 12 Stunden zum 18-Uhr-Wachdienst, verließ um 16:30 Uhr das Haus. Er schlief am Tag, wenn die Eltern im Getränkeladen in Luckenwalde arbeiteten.

Der Polizeipsychologe Professor Adolf Gallwitz sagte in Akte 20.15 zum Täterprofil und Silvios Hingezogenfühlen zu Kindern: „Kleine Kinder haben ihm noch nie Angst gemacht. Und deswegen konnte er mit kleinen Menschen ganz gut umgehen. Auf alle Fälle haben sie ihm keine Sorgen gemacht.“

Inzwischen schlägt der Fall auch international hohe Wellen. Nach Angaben der „Sun“ interessiert sich jetzt sogar Scotland Yard für Silvio S. Die Polizeibehörde wolle von Deutschland wissen, ob er 2007 in Portugal war, als die damals dreijährige Madeleine McCann aus einer Ferienanlage in Praia de Luz entführt wurde. Sie wird noch immer vermisst.

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7 KOMMENTARE

  1. Bravo … was gabs denn im Mülleimer und in wieviel Raten hat Nachbarin Isolde Wahnsinn ihre GEZ-Schulden beglichen? … das sind die brennenden Fragen, auf die Qualidädsjournalismus die Antworten finden muss 😛

  2. Was hat Silvio S 2014, am Sonntag, den 10 Juli?
    Am 10 Juli 2014 wurde in Freiburg, das ist ca. 800 km von Berlin/Kaltenborn entfernt. Der Mord an Armani, 9 Jahre alt, könnte der der Auftakt für die folgenden Morde geworden sein? Armani, 9 Jahre, der Täter bringt ihn in die Kleingartenanlage Vogelnest. Legt ihn in einem Bach ab, da es in der Nacht sehr stark regnet. Ein heller Wagen mit M?? Nummer wurde gesehen, (Kleinwagen).
    Alles sehr weit weg, von Berlin, aber, im Dezember darauf mietet sich Silvio S dieses Gartengrundstück, der zweite Junge wird entführt und ermordet, kurz darauf der dritte. Die Ähnlichkeiten der Tat, die Zeitabstände, 1 Jahr ca. bis zum zweiten Mord, das verscharren des Opfers im Garten, brachte ihn der Fall in Freiburg auf den Garten? Das er mit jüngeren Opfern, als 9 Jahre, besser „fertig wurde“? Klingt alles makaber, was war am 20 Juli 2014, was und wo war Silvio S am 20 Juli 2014? Damit steht und fällt die „Theorie“.

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