Griechenland verweigert Rücknahme von Migranten

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Noch immer reisen mehr Asylbewerber illegal nach Deutschland ein, als neue Migranten über das Mittelmeer kommen. Eigentlich müssten die Menschen nach Griechenland und Italien zurückgeschickt werden. Doch das geschieht kaum.

Griechenland sieht sich nicht in der Lage, neben den eigenen Migranten und den Neuankömmlingen auch noch Asylbewerber aus Deutschland zurückzunehmen. (Screenshot: YouTube)
Griechenland sieht sich nicht in der Lage, neben den eigenen Migranten und den Neuankömmlingen auch noch Asylbewerber aus Deutschland zurückzunehmen. (Screenshot: YouTube)

Bereits vor einem Monat berichteten wir, dass seit Jahresbeginn mehr Asylsuchende aus anderen EU-Staaten nach Deutschland einreisen, als neue Migranten über das Mittelmeer nachkommen. Dieser Trend, dass Migranten massenhaft illegal nach Deutschland einreisen, hält weiter an.

Von Januar bis Mai dieses Jahres reisten laut Bundesinnenministerium (BMI) 77.148 Migranten illegal nach Deutschland ein und gaben hierzulande an, dass sie auf der Suche nach Schutz seien. Zugleich kamen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) von Januar bis Mitte Juni

  • 65.000 neue Migranten nach Italien und
  • 8.000 neue Migranten nach Griechenland.

Laut EU-Recht sollten eigentlich alle Migranten in dem Land Asyl beantragen, wo sie ankommen. Wer trotzdem illegal in andere Länder weiterreist, müsste eigentlich wieder zurückgeschickt werden. Doch das geschieht weiterhin so gut wie gar nicht. Von Januar bis März hat Deutschland lediglich 1.344 Migranten in andere EU-Staaten zurückgeschickt.

Zwar hatten EU-Gerichte im Jahr 2011 Rücküberstellungen nach Griechenland wegen Mängeln im griechischen Asylsystem vollständig ausgesetzt. Daher wurden jene Migranten, die ursprünglich in Griechenland die EU betreten hatten und dann nach Deutschland weitergereist waren, nicht nach Griechenland rücküberstellt.

Doch bereits im Dezember empfahl die EU-Kommission wegen der besseren Lage in Griechenland, die Dublin-Regeln nun wieder schrittweise auf das Land anzuwenden, allerdings nur für jene Migranten, die ab dem 15. März 2017 in Griechenland einreisen und dann weiterziehen.

Laut Empfehlung der EU-Kommission sollen die Schutzsuchenden aber „nur dann nach Griechenland gebracht werden, wenn die griechischen Behörden im Einzelfall versichern, dass der Asylbewerber in angemessenen Aufnahmezentren untergebracht wird und entsprechend den Standards der EU-Gesetzgebung behandelt wird“.

Minderjährige Asylbewerber, die ohne Eltern reisen, sollten in jedem Fall in Deutschland bleiben. Die Bundesregierung folgte der Empfehlung aus Brüssel und versuchte, ab dem 15. März eingereiste Migranten wieder nach Griechenland zurückzuschicken. Doch Athen kooperiert nicht.

Bisher wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rund 50 Übernahmeersuchen an Griechenland gestellt, teilte das Bundesinnenministerium der WELT mit. Doch weil Griechenland die von der EU-Kommission geforderten Standards nicht zusichert, sind noch keine Überstellungen erfolgt.

Aktuell sind in Griechenland rund 62.000 Flüchtlinge untergebracht, allein seit Jahresbeginn kamen 8.000 neue über das Mittelmeer dazu. Das Land bemüht sich, möglichst viele Migranten in andere EU-Länder loszuwerden. Die von der EU empfohlene Rücknahme von Migranten aus Deutschland will man offenbar vermeiden.

Jedoch hat umgedreht Deutschland dieses Jahr im Rahmen von Dublin-Überstellungen bereits mehr als 1.200 Migranten aus Griechenland aufgenommen. Weitere 2.300 Migranten hat Deutschland Griechenland im Rahmen der EU-Umsiedlung abgenommen. Diese Umsiedlung verweigern sich Polen, Tschechien und Ungarn.

Auch nach Italien werden aus Deutschland kaum Migranten zurückgebracht. Im ersten Quartal wurden nur 371 Personen nach Italien überstellt. Ein Grund dafür ist, dass das BAMF bei Familien mit Kindern bis drei Jahren keine Übernahmeersuchen stellt. Denn die deutschen Verwaltungsgerichte fordern für jeden Einzelfall von Italien eine Zusicherung „bezüglich der Unterbringung von Familien fordern“.

Grund dafür ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht (EGMR). Es entschied 2014, dass die afghanische Familie Tarakhel nicht aus der Schweiz nach Italien zurückgebracht werden darf, bis Italien individuelle Garantien abgibt, dass die sechs Kinder eine ihrem Alter angemessene Betreuung erhalten und die Familie gemeinsam untergebracht wird.

„Viele Asylbewerber, für deren Asylverfahren gemäß der Dublin-Verordnung Italien zuständig wäre, erheben Klage gegen die Dublin-Überstellungsbescheide des BAMF“, so das BMI. Aufgrund dieser Klagen schieben Verwaltungsgericht den Überstellungsbescheid auf, sodass der Asylsuchende bis zum Ende des Verfahrens über Monate nicht überstellt werden kann.

Ein zusätzliches Problem ist laut Innenministerium, dass die zu überstellenden Asylbewerber oft nicht angetroffen werden beziehungsweise untertauchen. Nach der aktuellen Rechtslage könne das dazu führen, dass nach Ablauf einer sechsmonatigen Frist, im Fall des Untertauchens nach 18 Monaten, Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wird.

Seit Anfang der Neunzigerjahre, also seit rund zwanzig Jahren, verläuft die Migration nach Deutschland vor allem über die unerlaubte Einreise und über das Asylsystem. Über kurz oder lang führt dieser Weg der illegalen Einreise und Asylsuche in den meisten Fällen zu einer dauerhaften Einwanderung.

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71 KOMMENTARE

  1. Sich nicht an Abmachungen halten, aber ständig die Hand aufhalten und immer mehr zu bekommen das sind die richtigen! Reicht es nicht was mittlerweile hier in Europa passiert kann man gar nicht endlich härtere Sanktionen einführen!???

  2. Man muss sich doch auch fragen, wer sie damals (2015) blödsinnigerweise eingeladen hat und damit diese Lawine lostrat! Hat man das alles schon vergessen?

  3. Ich stelle einfach mal eine Frage in den Raum: „Ist hier irgendjemand, der glaubt, dass wir eine Flüchtlingskrise hätten, wenn wir unsere Politiker für ihre Entscheidungen in die Verantwortung nehmen könnten?“

    Die haben doch ein tolles Leben… die erhöhen sich ihre Löhne nach Belieben… die treffen Entscheidungen von denen ihnen Bürger und Experten bereits lange vorher abraten… fallen auf die Nase und zahlen müssen wir Bürger.

    Anstatt danach das Maul zu halten und ganz klein irgendwo in ihr Büro zu verschwinden, werden die auch noch frech und fragen: „Wo werden Sie denn in ihrem Leben beschnitten durch diese angeblich falschen Entscheidungen?“

    Nun… durch Löcher in den Straßen, kaputte Brücken, ausfallende Schulstunden, marode Schulen, fehlendes Personal in Behörden, schlechte Ausstattung der Polizei, geschlossene Schwimmbäder und Theater… die Liste lässt sich endlos fortsetzen…

    Vergleichsweise wäre das ungefähr so, als würdet ihr in die Personalabteilung gehen und euch erstmal das Gehalt verdreifachen. Dann trefft ihr eine Reihe von absolut fatalen Entscheidungen, die das Unternehmen richtig Geld kosten und wenn der Chef dann so richtig den Kaffee auf hat, dann sagt ihr ihm, er soll sich nicht so bescheuert anstellen, nun sind die Probleme mal da und dann muss er lernen damit zu leben… und überdies wären sie bereit, die Probleme mit zu lösen, bräuchten dazu aber erstmal ein höheres Gehalt.

    Glaubt ihr, dass das ein Witz ist?

    Nö… das machen unsere Politiker mit uns jeden Tag… inzwischen sind wir sogar so weit, dass uns unser Justizminister gesetzlich verbieten möchte, unseren Unmut darüber kundzutun.

    Also… wenn ihr demnächst im Job so richtig was versemmelt habt und der Chef meckert, dann brüllt ihn an und sagt: „STOP“ ich verbiete Ihnen darüber zu reden!

    Mal gucken, was der dann macht… das könnt ihr dann ja mal hier schreiben 🙂

    • Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung richtet sich nach den rechtlichen Vorgaben des GEAS. Die einzige relevante Entscheidung, die getroffen worden ist, ist die, das Recht einzuhalten. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages schreibt:

      PE 6-3000-128/15 (27.10.2015)

      „Eine uneingeschränkte Zurückweisung bzw. Zurückschiebung oder Überstellung von Antragstellern aus dem Aufenthaltsstaat in angrenzende Dublin-Staaten steht nicht mit den Vorgaben der Dublin-III-Verordnung im Einklang. Antragsteller können, im Falle einer Anwendung der Dublin-III-Verordnung, nur in den Staat zurückgeschickt werden, der für die Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, und nur der dementsprechend zuständige Staat ist nach der Dublin-III-Verordnung zur Rücknahme von Drittstaatsangehörigen und Antragstellern verpflichtet.“

      WD 3-3000-299/15 (26.11.15)

      „Bleibt die Registrierung der Asylsuchenden – ggf. aus Überforderung – aus, wird aber gleichwohl die Weiterreise ohne Stellung eines Asylgesuchs gewährt, kommt es zur Zuständigkeit desjenigen EU-Mitgliedstaats, in dem die Asylsuchenden den Antrag auf internationalen Schutz stellen.“

    • Sven Klapproth ist ein Schlaumi! Er kann unmöglich verstehen, was er da von sich gibt! Es sei denn…er ist einer von den so arg geliebten Politikern.

  4. Wenn NGO’s Taxiunternehmen über das Mittelmeer führen und die ganzen Scheinasylanten auch noch vor Ort abholen, dann hat Athen Recht damit!

  5. Ich bin überzeugt, daß vielen Bürgern die Tragweite der gegenwärtigen Politik für die Zukunft unserer Kinder und deren Nachkommen nicht bewußt ist. Das böse Erwachen kommt. Das ist sicher

  6. Kann man auch nicht machen. Warum sollten die Griechen und Italiener die Merkelsuppe auslöffeln? Die Leute dürften erst gar nicht an Land gelassen werden. Worin soll denn das Problem liegen, einen Asylantrag im Heimatland zu stellen? Wer asylberechtigt ist, könnte bequem, preiswert, sicher, trocken und mit der ganzen Familie mit dem Flugzeug kommen und der Rest müsste sich etwas anderes einfallen lassen.

    • Die Anwendung der Drittstaatenregel wäre rechtswidrig. Sie darf nach §18 Absatz 4 Nummer 1 AsylG nicht angewandt werden, wenn ein Asylantragsteller an der Grenze nach §13 AsylG einen Antrag auf internationalen Schutz nach Richtlinie 2011/95/EU stellt.

      In diesem Fall schreibt nämlich die Dublin-III-Verordnung 604/2013/EU dem Erstantragsstaat den Beginn des Asylverfahrens vor. Dieses beginnt mit der Asylzuständigkeitsbestimmung.

      Wenn dann z.B. Griechenland für asylzuständig gehalten wird, muss Griechenland nach Artikel 21 um Übernahme ersucht werden.

  7. Illegale Einwanderung wird in Ungarn mit 10 Jahren Gefängnis geahndet, kein Wunder also das alle nach Deutschland kommen. Es ist in Deutschland zwar genauso eine Straftat aber die staatlichen Einrichtungen werden hier scheinbar politisch gewollt komplett ausgehebelt .

  8. Die Dublin-III-Verordnung sieht die Asylzuständigkeit des Erstantragsstaates in Artikel 3 Absatz 2 vor.

    Wenn in einem Mitgliedsstaat systemische Mängel im Asylverfahren festgestellt worden sind, darf in diesen nicht überstellt werden.

  9. Sie sind den Lügen unlauterer Menschen auf den Leim gegangen.

    Richtig ist, dass die Wanderungsbewegungen irregulär waren. Dies ist weder im Sinne des Rechts noch in dem der Menschlichkeit, denn die irreguläre Flucht ist für die Flüchtlinge mit vielen Grausamkeiten verbunden:

    Deshalb strebte die Bundesregierung ein geordneteres Verfahren an. Die Flüchtlinge sollen überwiegend in Heimatnähe bleiben, die Aufenthaltsstaaten durch Abkommen zur Einhaltung der GFK-Bestimmungen angehalten und darin unterstützt werden, und durch legale Aufnahme von Kontingenten entlastet werden.

    So wird aus illegal legal, im besten Sinne.

  10. Es gibt keine 600000 ausreisepflichtigen Asylbewerber in Deutschland

    Auf dieser Seite können Sie erfahren, wie viele ausreisepflichtige Menschen in Deutschland aktuell aufhältig sind:

    Mit abgelehntem Asylantrag, mit Duldung: 75.746 Menschen
    Mit abgelehntem Asylantrag, ohne Duldung: 27.651 Menschen

    Ohne abgelehnten Asylantrag, mit Duldung: 82.399 Menschen
    Ohne abgelehnten Asylantrag, ohne Duldung: 34.256 Menschen.

    Ausgereist sind im Jahr 2016 fast 70.000 Menschen mit abgelehntem Asylantrag.

    Alle Zahlen sind mit Quellenangaben belegt. Quelle ist die Bundesregierung .

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