AfD Berlin: Russlanddeutsche im Blick

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Die AfD hat die 200.000 Russlanddeutschen in Berlin im Blick und hängt in Marzahn-Hellersdorf zweisprachige Plakat auf: Gemeinsam für unser Heimat (Screenshot: rbb Abendschau)
Die AfD hat die 200.000 Russlanddeutschen in Berlin im Blick und hängt in Marzahn-Hellersdorf zweisprachige Plakate auf: Gemeinsam für unser Heimat (Screenshot: rbb Abendschau)

Zwischen 150.00 und 200.000 Russlanddeutsche leben nach Schätzungen in Berlin, ein Großteil lebt im Nordosten der Stadt. Sie werden von der Alternative für Deutschland besonders umworben. Mit Extraflyern und Botschaften in kyrillischer Schrift. Am Wochenende war wieder Wahlkampf für die Berliner Abgeordnetenhauswalhl am 18. September 2016. Auch für die AfD, die es inzwischen in neun Länderparlamente geschafft hat, ein mühsames Geschäft.

„Gemeinsam für unsere Heimat“. AfD-Parolen gibt es in Marzahn-Hellersdorf auf Deutsch und Russisch. Auch die Flyer zweisprachig. Zum Beispiel: „Für ein Ende der Massenzuwanderung und des Asylmissbrauchs“. „AfD setzt sich für ein Einwanderungsrecht mit Punktesystem nach kanadischem Vorbild ein“. „Schengen-Vertrag aussetzen und deutsche Grenzen kontrollieren“. „Integration dieser Masse und Arbeistmarkt ist unmöglich“. „Wer setzt Merkel Grenzen? Wir sind für geregelte Zuwanderung“. „Islamisten stoppen“. Oder: „Familie: Die AfD bekennt sich zur klassischen Familie: Vater, Mutter, Kind“. Und die AfD fordert: „Freie, unabhängige Medien“. Eine Umarmung von Rechts, die bei vielen Deutschrussen gut ankommt. AfD-Slogans aus dem Wählermund.

Ein Deutschrusse erklärt Jo Goll von der rbb Abendschau: „Weil, die deutsche Presse ist wirklich Lügenpresse. Unsere Regierung wirklich hat Verbrechen gemacht mit dieser Flüchtlingspolitik, ja. Was die Leute denken, AfD spricht.“ Kein Wunder. Die AfD-Bezirksvorsitzende Marzahn-Hellersdorf, Jeannette Auricht, findet: Die AfD und die Russlanddeutschen – das passt. Auricht: „Die CDU hat doch ihre Klientel verlassen und verkauft. In vielen Themen. Und deshalb kommen die jetzt zu uns. Wir sind doch für Werte-Konservatismus.“ Allein in Marzahns Plattenbauten leben seit den 1990er Jahren rund 30.000 Deutschrussen. Man hat sich eingerichtet. Mit russischen Reisebüros wie Rossiya Travel Company, Telefonshops wie Mobilka und Supermärkten wie MIX Märkte. Der Imker Phillip Neuberger kam 1994 aus Sibirien: „Wir sind gekommen. Wir waren nicht willkommen. Wirklich. Überall, wo ich bei Beamte rein wollte, musste ich mich erst durchkämpfen.“

rbb Abendschau: „Sie glauben, dass die Flüchtlinge jetzt, die kommen, nicht so viel kämpfen müssen wie Sie damals?“

Imker Neuberger: „Ich glaube, die wollen auch nicht kämpfen.“ Meinungen der Russlanddeutschen, die die AfD gerne befeuert. Jeannette Auricht: „Die mussten für ihre Integration selber sorgen. Die haben nicht den Arsch geputzt bekommen wie jetzt viele Flüchtlinge.“

Er würde so etwas nie sagen. Georg Pazderski, Berliner AfD-Spitzenkandidat. Der ehemalige Berufsoffizier wählt seine Worte stets überlegt. Er gibt sich gerne als Anwalt der kleinen Leute. Und damit auch als Vertreter der Deutschrussen. Pazderski: „Sie machen sich große Sorgen wegen der Flüchtlingskrise. Das hängt auch damit zusammen, weil nicht unbedingt viele in den oberen sozialen Schichten sind. Und natürlich auch Angst haben, dass ihnen möglicherweise Arbeitsplätze weggenommen werden. Die AfD setzt auf die Stimmen Tausender Russlanddeutscher. Und die anderen Parteien schauen dabei ziemlich unbeteiligt zu.

Wahlforscher Professor Oska Niedermayer von der Freien Universität zu Berlin zum Einfluss der Russlanddeutschen auf das Ergebnis der AfD bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl: „Nun ja, es ist eine Zielgruppe, aber im Leben nicht die einzige Zielgruppe der AfD. Und wenn das 150.000 sind, dann ist das quantitativ schon ein bisschen was, das was bringen kann. Und bisher war das eigentlich die feste Bank der CDU, weil Helmut Kohl war ja derjenige, der ihnen die Einbürgerung ermöglicht hat. Mittlerweile scheint es so zu sein, dass sie eher auch zur AfD zuneigen. Sie sind sicherheitsorientiert, eher konservativ in ihren Wertvorstellungen. Und vor allem eben: Die AfD punktet ja bei den letzten Landtagswahlen immer bei den Arbeitern und Arbeitslosen. Und die sind hier auch überproportional vertreten. Also ein bisschen ist durchaus dran, dass man da ein paar Wählerstimmen holen kann.“

Cathrin Böhme von der rbb Abendschau: „Mit einem zweistelligen Wahlergebnis ist die AfD schon automatisch eine Volkspartei?“

Professor Niedermayer: „Nein, das wäre sie gern. Auf der Bundesebene liegt sie bei 12, 13, 14 Prozent. Das ist allein von der Größenordnung nicht das, was einer Volkspartei zukommt. Auch repräsentiert sie in ihrem Programm nicht das Volk, sondern hat deutliche soziale Schwerpunkte in der Wählerschaft. Da wäre ich sehr vorsichtig mit diesem Begriff.“

Cathrin Böhme: „Und wer AfD wählt, macht das aus Protest? Oder weil er sich von den etablierten Parteien nicht mehr regieren lassen möchte?“

Professor Niedermayer: „Die AfD-Wählerschaft setzt sich immer aus zwei Gruppen zusammen. Die einen, das sind die Überzeugten, die auch die Positionen mit Überzeugung vertreten. Die anderen wollen durch die Wahl der AfD den anderen Parteien, nicht nur der CDU, sondern allen Parteien, einen Denkzettel verpassen. Vor allen natürlich wegen der Flüchtlingspolitik. Aber auch, weil sie generell unzufrieden sind.“

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10 KOMMENTARE

  1. Schauen wir mal. Russen sind ein fleißiges Volk. Unsere Wirtschaftsflüchtlinge sind sich für körperliche Arbeit zu schade. Die Russen arbeiten für Haus, Familie und Annehmlichkeiten. Unsere Wirtschaftsflüchtlinge steigen noch nicht mal für neu gebaute Wohnungen aus dem Bus. Die Russen verteidigen ihre Familien. Die Wirtschaftsflüchtlinge bringen Terror, Angst und Leid unseren Frauen und Kindern. Bei Straftaten werden die Russen genauso behandelt wie wir. Die Wirtschaftsflüchtlinge bekommen bei ihren Massiven Straftaten nur einen drohenden Finger und die Opfer werden bestraft. Die Russen Ehren ihre Frauen und Kinder, die Wirtschaftsflüchtlinge stecken ihre Frauen in dunkle Lappen und verheiraten ihr Kinder. Habe ich noch was vergessen?

    • Ich hätte es nicht besser beschreiben können.
      Vielleicht noch ergänzend.
      Auch wenn es anfangs kleine Probleme gab. Die Russlanddeutschen haben sich im Gegensatz zu den Moslems sehr schnell integriert.
      Was die Moslems in drei Generationen nicht schaffen.

    • Die Russlanddeutschen hassen mittlerweile die Merkel und sie gehen auch auf die Straße protestieren. Weiß ich. Da wo ich arbeite, sind ein paar Russlanddeutsche im Betrieb beschäftigt.

  2. Also da sehe ich eine Doppelmoral…!
    Erstens wer angeblich Russland Deutscher ist beherrscht die Deutsche Sprache und da brauchen wir keine Wahlplakate mit Russischer Schrift.
    Fakt ist, egal welcher Nation, wer sich nicht bemüht die Landessprache zu Lernen, braucht keine Hilfe.
    Und der Patriotismus geht sehr ins Russische und nicht ins Deutsche, also was sind es von ihrer Identität…?
    Russen oder Deutsche…?

  3. Zulauf von Russlanddeutschen zur AfD
    Die Alternative für Deutschland (AfD) erlebt einen Zustrom von Russlanddeutschen. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). In Rheinland-Pfalz hätten die Russlanddeutschen sogar ein eigenes Netzwerk in der Partei. Gründer ist der Mathematiker Aleksandr Lejbo (Koblenz). Nach seinen Worten hat die CDU die Aussiedler „komplett verloren“. Die Russ-landdeutschen stimmten „hundertprozentig mit der AfD überein“. Sie wollten eine strengere Drogen- und eine traditionelle Familienpolitik. Außerdem lehnten sie ein „Genderprogramm“ ab, zu dem auch die zu frühe Sexualerziehung von Grundschulkindern gehöre. Lejbo: „Was wir gerade erleben, ist die Fortsetzung von Karl Marx und Friedrich Engels, die auch dafür eintraten, dass die Erziehung getrennt von den Eltern stattzufinden hat.“ Russlanddeutsche glaubten auch nicht an Multikulti. Wie stark die Unterstützung dieser Bevölkerungsgruppe für die AfD ist, lässt sich laut Sonntagszeitung nicht beziffern. Als unbestritten gelte jedoch, dass die Flüchtlingskrise bei den Russlanddeutschen zu einem Ablösungsprozess von den etablierten Parteien geführt habe. Der russlanddeutsche Historiker Alfred Eisfeld kann diese Entwicklung nachvollziehen, denn als die Aussiedler nach Deutschland gekommen seien, habe niemand am Bahnhof gestanden und geklatscht. Die Russlanddeutschen sähen ein Einfühlungsvermögen für die Flüchtlinge, das sie selbst als Deutsche so nie erfahren hätten. Die Aussiedler hätten sich ihren Stand in der Gesellschaft mühsam erarbeiten müssen.
    Russlanddeutsche sind dem FAS-Beitrag zufolge gut integriert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe 2013 in einem Forschungsbericht über Aussiedler von einer wahren Erfolgsgeschichte gesprochen. Demnach liegt ihre Beschäftigungsquote bei 79,9 Prozent, bei den klassisch Einheimischen bei 78,7 Prozent. (Mit freundlicher Genehmigung des TOPIC Informationsdienstes)

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