Einerseits „Merkel hu-la-la“, anderseits bekämpft Erdogan deutsches Kulturprojekt

953
48
TEILEN
Während sich Angela Merkel gestern bei einem Blitzbesuch in einem syrischen Flüchtlingslager in Gaziantep als "unsere Kanzlerin" neben EU-Ratspräsident Donald Tusk und Türkei-Prmierminister Ahmet Davutoglu für die EU-Millardenhilfe und Visafreiheit der Türken feiern ließ, bekämpft Türkeipräsident ERecep Tayyip Erdogan die deutsche Hochkultur, ein Stück über den Völkermord der Osmanen vor 100 Jahren mit den Dresdener Sinfonikern, das von der EU mit 200.000 Euro gefördert wird. (Foto: Bundesregierung/Kugler)
Während sich Angela Merkel gestern bei einem Blitzbesuch in einem türkischen Flüchtlingslager für Syrer in Nizip als „unsere Kanzlerin“ neben EU-Ratspräsident Donald Tusk und Türkei-Premierminister Ahmet Davutoglu für die EU-Milliardenhilfe und Visafreiheit der Türken feiern ließ, bekämpft Türkeipräsident Recep Tayyip Erdogan die deutsche Hochkultur, ein deutsches Kulturprojekt der Dresdner Sinfoniker  über den Völkermord der Osmanen vor 100 Jahren, das von der EU mit 200.000 Euro gefördert wird. (Foto: Bundesregierung/Kugler)

Während sich Angela Merkel gestern bei einem Blitzbesuch in einem türkischen Flüchtlingslager für Syrer in Nizip an der Grenze zu Syrien als „unsere Kanzlerin“ neben EU-Ratspräsident Donald Tusk und Türkei-Premierminister Ahmet Davutoglu für die EU-Milliardenhilfe und Visafreiheit der Türken feiern ließ, bekämpft Türkeipräsident Recep Tayyip Erdogan die deutsche Hochkultur. Er will ein deutsches Kulturprojekt über den Völkermord der Osmanen vor 100 Jahren mit den Dresdner Sinfonikern, das von der EU mit 200.000 Euro gefördert wird, verbieten lassen – weil die Türkei den Völkermord bis heute leugnet.

Die zur Schau gestellte Einheit zwischen deutscher Kanzlerin und türkischem Premierminister wurde dadurch aber nicht gestört.

Mit Sprechchören „Merkel hu-la-la“ begrüßten Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan die deutsche Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, als diese gestern bei einem Blitzbesuch in Gaziantep in Ostanatolien landete und mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu in einem Bus durch die Türkei reiste. Allerdings schwer bewacht mit zwei türkischen Elitesoldaten mit Maschinengewehren auf dem Busdach.

Anlass war die Eröffnung eines neuen Kinderschutzzentrum der UNICEF in Gaziantep. Merkel wollte sich davon überzeugen, dass von dem EU-Geld an die Türkei auch etwas ankommt.

Staatschef Erdogan ließt sich nicht blicken.

Er hatte wohl Wichtigers zu tun. Unter anderem will er ein deutsches Kulturprojekt stoppen, dass sich mit dem Völkermord der Osmanen vor 100 Jahren an Armeniern befasst.

Die Türkei leugnet, dass es einen solchen Völkermord (Genozid) gegeben habe und bekämpft das Konzertprojekt „Aghet“ (armenisch für Völkermord) der Dresdner Sinfoniker und des deutsch-türkisch-armenischen Gitarristen Marc Sinan (39).

Die EU-Kommission fördert das Projekt mit 200.000 Euro und stellte es auf ihrer Homepage vor. Weil in dem Text zwei Mal das Wort Genozid auftauchte, schickte die Türkei ihren EU-Botschafter los. Ein hochrangiger Mitarbeiter der Kommission bestätigt gegenüber BILD am SONNTAG den massiven Druck. Die türkische Botschaft soll über einen längeren Zeitraum täglich bei der Kommission einen Stopp der Förderung und eine Löschung des Beitrags gefordert haben.

Die Kommission knickte ein! Zwar wird „Aghet“ weiter gefördert, allerdings ist das Projekt von der Internetseite verschwunden.

Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte in BILD am SONNTAG das Verhalten der EU als „absolut falsches Signal“. Der Völkermord an den Armeniern sei eine historische Tatsache. Özdemir: „Das wird andere autoritäre Herrscher zur Nachahmung ermutigen. Weder die EU noch Deutschland dürfen erpressbar sein.“

Auf diesen Skandal um ein deutsches Kulturprojekt ging die Kanzlerin beim gestrigen Besuch nicht ein.

Etwas verlegen von dem Jubel durchschnitt Angela Merkel mit Ahmet Davutoglu und dem polnischen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk das rote Eröffnungsband des Kinderschutzzentrums in Gaziantep.  Flüchtlingskinder sollen hier künftige betreut, vor allem aber mit allem versorgt werden, was sie an psychologischer, medizinischer und Bildungsbetreuung brauchen.

Während drinnen auf Wunsch der syrischen Familien keine Fotos gemacht werden durften, wurde draußen beinahe ganz Gaziantep mit großen Plakaten der Kanzlerin geschmückt, die ein AKP-naher Verein hat aufhängen lassen.

Türkei-Präsident Recep Tyyip Erdogan und und Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sind Mitlied der AKP, der Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung. Die 2001 gegründete AKP ist seit dem 1. November 2015 stärkste Fraktion im Parlament. Sie setzt sich für eine stärkere Islamisierung der Gesellschaft ein. Ihr Wahlspruch lautet: „Alles für die Türkei“, wie Berlin Journal anlässlich des Rauswurfs der letzten christlichen Kirchengemeinde am 26. Februar 2016 in der Osmanenstadt Bursa berichtete.

Deutsche Kanzlerin von Türken als „unsere Kanzlerin“ gefeiert

Aufgrund des EU-Flüchtlingspaktes vom 18. März 2016, den Angela Merkel maßgeblich mit Erdogan ausgehandelt hat und durch den die Türken neben der Visafreiheit zunächst 3 Milliarden Euro bekommen sollen, die später auf 6 Milliarden Euro aufgestockt werden sollen, wird die deutsche Kanzlerin nun mit folgenden Lettern unter ihren Fotos gefeiert: „Solidarität mit den Flüchtlingen! Wir sind stolz auf unsere Kanzlerin und auf unseren Ministerpräsidenten Davutoglu!“.

93,4 Milllionen Euro sind bereits ausgezahlt für konkrete Hilfsprojekte. Bis Ende Juli sollen weitere 837 Millionen gezahlt werden, so dass die erste der insgesamt 6 Milliarden für die Türkei tatsächlich den Flüchtlingen ankommt. Vor allem legt die deutsche Seite Wert darauf, dass die Gelder nicht einfach nur überwiesen, sondern in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen nur in konkrete Projekte fließen. Vor allem die Schulbildung der Flüchtlingskinder steht hier im Vordergrund.

Nur fünf Stunden dauerte Merkels gestriger Blitz-Besuch in der Türkei.

Kaum Zeit für Gespräche, aber für öffentlichkeitswirksame Bilder. Angela Merkel hatte gleich zum Start ihres Besuches mit Ahmet Davutoglu auch für eine halbe Stunde lang Kinder in einem syrischen Flüchtlingslager im südosttürkischen Nizip besucht. Auf der Hügelkette neben dem Lager schützten Panzerfahrzeuge und Soldaten den prominenten Besuch.

Drei Armeehubschrauber haben den Konvoi aus zwei Bussen mit dem Siegel des türkischen Ministerpräsidentn vom etwa 50 Kilometer entfernten Flughafen der Stadt Gaziantep aus begleitet, wo Merkel, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Vizekommissionschef Frank Timmermans gelandet waren.

Vier syrische Flüchtlingsmädchen bildeten das Empfangskomitee, sie waren in die traditionelle Tracht von Tscherkessinnen gekleidet und überreichten der Besucherin aus Berlin einen bunten Strauß Blumen.

Bei einer  gemeinsamen abendlichen Pressekonferenz fand der türkische Ministerpräsident ganz besondere Worte für die deutsche Kanzlerin.

Zunächst stellte Davutoglu die Erfolge der deutsch-türkischen Zusammenarbeit fest: „Frau Merkel war vier Mal hier, um über die Flüchtlingskrise zu sprechen. In Spitzenzeiten kamen mehr als 6.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer, heute sind es 130.“

Und: „Frau Merkel hat durch ihre Führung vieles erreicht. Sie wurde in Deutschland kritisiert. Aber die Bewältigung der Flüchtlingskrise wird einmal „in goldenen Buchstaben“ in die Geschichtsbücher eingehen.“

Angela Merkel sprach auch das Thema Pressefreiheit an

Sie wisse um die Sorge von Bürgern, dass Freiheitsrechte kein Thema mehr seien, „weil Deutschland in eine bestimmte Abhängigkeit der Türkei“ geraten sei. Der EU-Türkei-Pakt beruhe aber auf Gegenseitigkeit. Auch die Türkei habe Interessen in der Beziehung zur EU. Wenn es um Fälle der Pressefreiheit gehe, werde das angesprochen. Am Samstag sei so über den ARD-Korrespondenten Volker Schwenck gesprochen worden. Die Türkei hatte ihm die Einreise verweigert.

Dazu sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu: „Wir sind ein Teil der europäischen Familie.“ Wenn die Türkei als Teil dieser Familie gesehen werde, könne über alles geredet werden. Das betreffe auch die Pressefreiheit. Für ihn selber sei Pressefreiheit „einer der wichtigsten Punkte“.

Mit Blick auf ein vulgäres Gedicht des deutschen Satirikers Jan Böhmermann sagte er:  „Die Pressefreiheit kann nur zusammen mit der Menschenwürde agieren.“

Zum Fall Schwenck sagte er, dieser habe „keinen Antrag auf journalistische Tätigkeit“ vor seiner Einreise gestellt. Aber würde er einen solchen Antrag stellen, würde das positiv geprüft.

Die Pressekonferenz im Wortlaut hat das Bundeskanzleramt hier veröffentlicht.

Um kurz nach 1 Uhr war die deutsche Kanzlerin wieder in Berlin Tegel. Gegen 12 Uhr empfängt sie heute US-Präsident Barack Obama anlässlich einer Messe in Hannover.

US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Berlin im Juni 2013 mit der deutschen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, CDU (Foto: Bundesregierung/Kugler)
US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Berlin im Juni 2013 mit der deutschen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, CDU (Foto: Bundesregierung/Kugler)

Um 18 Uhr werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amerikanische Präsident Barack Obama die Messe eröffnen. Am Abend lädt die Bundeskanzlerin zu Ehren des amerikanischen Präsidenten zu einem Essen mit Wirtschaftsvertretern aus beiden Ländern ein.

Am morgigen Montagvormittag wird der amerikanische Präsident die Bundeskanzlerin auf dem traditionellen Eröffnungsrundgang über das Messegelände begleiten.

Die Hannover Messe 2016 steht ganz im Zeichen der vernetzten Industrie. „Integrated Industry – Discover Solutions“ heißt das Leitthema. Mehr als 5.200 Aussteller aus 75 Ländern präsentieren vom 25. bis 29. April ihre Technologien für die Fabriken und Energiesysteme der Zukunft. Die USA sind mit 465 Aussteller vertreten – die größte Zahl an US-Firmen, die bislang an einer Messe außerhalb der USA teilgenommen haben.

Gipfeltreffen in Herrenhausen

Auf Einladung der Bundeskanzlerin schließt sich daran ein Treffen mit drei weiteren EU-Staats- und Regierungschefs an: Der französische Staatspräsident François Hollande, der britische Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi kommen mit Merkel und Obama auf Schloss Herrenhausen in Hannover zusammen.

Themen der Gespräche sind unter anderem die Flüchtlingskrise, der Syrien-Krieg und der Ukraine-Konflikt.

Comments

comments

TEILEN

48 KOMMENTARE

  1. Da Merkel nun schon türkische Kanzlerin ist, so sollte sie auch in die Türkei auswandern. Deutschland hat sie ja schon verraten und verarscht und verkauft

  2. Türkei Völkermord und wir werden als Nazis beschimpft. Als ob nicht alle Länder genug Leichen im Keller haben. Die ganze Politik ist nur noch ein schlechter Scherz.

  3. Na, das war doch sicher Balsam für die Seele, eine solche Inszenierung mit Plakaten und Blumen. Hier sehen ja die Plakate etwas anders aus, wenn sie sich noch irgendwo in der Öffentlichkeit blicken lässt. 🙂 Schade, dass sie wieder zurück ist, die Türken hätten ihre Kanzlerin von mir aus gern behalten können.

  4. Da passt die rein wie die Faust aufs Auge!!! Der Putzlappen auf dem Kopf fehlt noch, wundert mich echt das sie ohne auf dem Bild zu sehen ist!?

  5. In Ostanatolien stehen derzeit ganze Doerfer in den Startloechern und warten auf ihren „visabefreiten“ Einfall in unser Land.
    Der einzige Unterschied zu den „traumatisierten Schutzsuchenden“ (in Wartestellung) wird sein, dass die Tuerken ihre seit 40 Jahren etablierten „Parallelgesellschaften“ explosionsartig erweitern werden, waehrend die Kanaken und Neger aus Afrika ihre „Teilhabe“ erst noch der deutschen (noch)Mehrheitsgesellschaft „abtrotzen“ muessten.

    Die dummen Deutschen sind mal wieder die Einzigen, die bei „Muttis“ und Erdowahns „Deal“ zahlen.

Comments are closed.