Putins Rede vor dem Bundestag: Die vertane Chance

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25. September 2001. Auftritt des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin im Deutschen Bundestag mit seiner Rede in deutscher Sprache über die deutsch-russischen Beziehungen und den Vorschlag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Lissabon bis Wladiwostok (Youtube/Livemitschnitt Bundestag)
25. September 2001. Auftritt des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin im Deutschen Bundestag mit seiner Rede in deutscher Sprache über die deutsch-russischen Beziehungen und den Vorschlag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Lissabon bis Wladiwostok (Youtube/Livemitschnitt Bundestag)

Russlands Präsident Wladimir Putin hielt am 25. September 2001 vor dem deutschen Bundestag eine historische Rede. Er rede nun, sagte Putin nach einer Einleitung auf Russisch, in der Sprache von Goethe, Schiller und Kant auf Deutsch. Der russische Präsident bot an, die Potenziale Russlands mit denen der anderen Teile Europas zu vereinigen. Sein Vorschlag beeinhaltete eine wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Lissabon bis Wladiwostok. Putin räumte auf Deutsch ein: „Wir sind natürlich am Anfang der Marktwirtschaft und der demokratischen Gesellschaft. Es gibt auf diesem Wege viele Hürden und Hindernisse, die wir zu überwinden haben. Aber abgesehen von den objektiven Problemen, und ich meine aufrichtig, ganz ehrlich gesagt und abgesehen von eigener Ungewandtheit, schlägt unter dem allen das starke und lebendige Herz Russlands, welches für vollwertige Zusammenarbeit und Partnerschaft geöffnet ist.“

Zwar wurde Putins Rede von den Abgeordneten mit Standing Ovations bedacht. Doch die von Putins dargereichte Hand wurde nicht ergriffen. Putins Botschaft löste bei Deutschlands damaligen Spitzenpolitikern eher entsetzte, jedenfalls nachdenklich uninteressierte Gesichter auf der Regierungsbank aus.

Die Reaktion vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (84, SPD) und Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer (Bündnis90/Die Grünen) auf das Angebot des russischen Präsidenten Wladimir Putins am 25. September 2001 im Bundestag zur "vollwertigen Zusammenarbeit und Partnerschaft" (Foto: Youttube, Livemitschnit Bundestag)
Die Reaktion vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (84, SPD, links) und Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer (68, Bündnis90/Die Grünen) auf das Angebot des russischen Präsidenten Wladimir Putins am 25. September 2001 im Bundestag zur „vollwertigen Zusammenarbeit und Partnerschaft“ (Foto: Youtube, Livemitschnitt Bundestag)

Bei der Übertragung der Rede sieht man den damaligen Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer (68, Bündnis 90/Die Grünen), der nach Beendigung seiner Ämter 2005 als Lobbyist für Siemens, BMW sowie die Energiekonzerne RWE und OMV (Nabucco-Pipeline) arbeitete. Und den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (84, Mitgründer der Grünen, wechselte 1989 zur SPD), der nach Beendigung seiner Politikkarriere 2005 über mehrere Firmen als Unternehmens- und Finanzberater arbeitete. Die Gesichter Fischers und Schily sehen aus, als sei ihnen nicht ein zukunftsfähiges Angebot, sondern eine Schreckensnachricht übermittelt worden. Eine vertane Chance. Auch vom damaligen SPD-Bundeskanzler Rechtsanwalt Gerhard Schröder (72), der nach seiner Amtszeit 2005 Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG (Ostsee-Pipeline) in Zug (Schweiz) wurde, die zu 51 Prozent dem staatlichen russischen Erdgaskonzern Gazprom gehört, Hauptsponsor des Fußball-Bundesligaklubs FC Schalke 04.

Albrecht Müller, Vorstandsvorsitzender der IQM Initiative zur Verbesserung der Qualität Politischer Meinungsbildung e.V. aus Bad Bergzabern in Rheinland-Pfalz kommentiert das Foto von Fischer und Schily im Bundestag auf seinen NachDenkSeiten am 17. Februar 2016 wie folgt: „Fischer und Schily wissen offenbar mehr. Vermutlich weiß Joschka Fischer von seiner Freundin Albright, der damaligen US Außenministerin und Freundin der heutigen Bewerberin um die Präsidentschaft, Hillary Clinton, dass die USA keine Stärkung Europas und deshalb auch keine enge Zusammenarbeit mit Russland wollen. Man muss sich die Rede Putins anhören oder nachlesen, und die entsetzten Gesichter sehen, um die heutige Politik und damit die Ursachen der Kriegsgefahr verstehen zu können. Die aktuelle Linken-Oppositionsführerin im Bundestag Sahra Wagenknecht warnte am 7. Juli 2016 im Bundestag: „Die NATO-Einkreisung Russlands sichert nicht den Weltfrieden, sondern gefährdet ihn“, wie Berlin Journal berichtete.

Dabei hat Putin 2001 ausdrücklich auf den großen Wert gedeihlicher Beziehungen zu den USA hingewiesen.

Ab Minute 5:38 sagte Putin folgendes: „Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas und der Vereinigten Staaten. Doch bin ich einfach der Meinung, dass Europa sicher und langfristig den Ruf eines mächtigen und real selbstständigen Mittelpunkts der Weltpolitik festigen wird, wenn Sie Ihre eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen, mit dem Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotential Russlands vereinigen würden.“

Direkt danach richtete sich die Kamera auf Otto Schily und Joschka Fischer. Ihre Reaktion zeigte alles andere als Begeisterung.

Reaktion von Otto Schily (links) und Joschka Fischer während Putins Rede über ein starkes Europa an der Seite Russlands und als gleichberechtigter Partner gegenüber den USA (Foto: Youtube/Livemitschnitt Bundestag)
Reaktion von Otto Schily (links) und Joschka Fischer während Putins Rede über ein starkes Europa an der Seite Russlands und als gleichberechtigter Partner gegenüber den USA (Foto: Youtube/Livemitschnitt Bundestag)

Auch eine 2. Chance wurde vertan.

Die Linksfraktion hatte im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den russischen Präsidenten noch einmal in den Bundestag einzuladen. Putin sollte im Parlament in Berlin am 8. Mai 2015 die Gedenkrede zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges halten, sagte Links-Fraktionsvize Wolfgang Gehrcke dem Berliner Tagesspiegel. Damit könne der Bundestag einen Beitrag zur Erinnerung an die Befreiung vom Faschismus und zugleich zur Verbesserung der Beziehungen zu Russland leisten. „Im Gegenzug könnte Bundespräsident Joachim Gauck vom russischen Parlament eingeladen werden, dort eine Rede zu halten, oder an den Feierlichkeiten am 9. Mai auf dem Roten Platz in Moskau teilnehmen“, sagte Gehrcke weiter. Doch daraus wurde nichts. Wegen der Ukraine-Krise ist das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland sowie anderen westlichen Staaten  angespannt. Die westlichen Außenminister berieten lieber über schärfere Sanktionen.

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11 KOMMENTARE

  1. Tja leider wenn man aus der USA gesteuert wird ..ist das den so ….Frau Merkel und Europa. Der böse ,böse Russe. Seh den Ami als schlechtes beispiel. Wird zeit 2017 die richtigen zu wählen…..

  2. Was mich wundert, dass es fast jeder ignoriert, die EURASIERTUM Doktrin des Alexander Dugin. Alexander Dugin ist ein wirrer Kopf, Faschist und Volkstümler, der oft und gerne über das Wiedererstarken Russlands parliert. Russland könne nur dann wieder seine glorreiche Größe erreichen, wenn die EU zerschlagen würde und wenn die Grenzen Russlands von Asien bis an die Küsten von Portugal reichen. Jetzt könnte der Beobachter dieser Geschichte meinen, dass Alexander Dugin verrückt und wunderlich sei, dem ist auch so .. aber einer der größten Fans dieser Doktrin ist Putin. Unser Putin liebt die Duginsche EURASIERTUM Doktrin und arbeitet mit aller macht an der Realisierung derselben. Angefangen von den Heerscharen von Trollen, die von St. Petersburg aus alle Foren und auch Facebook in Europa mit Desinformation, Lobliedern auf Putin und Hass und Rassismus überschwemmen, bis hin zu ständigen Drohungen gegen Europäische Länder mit militärischer Intervention reichen die Aktivitäten des Herrn Putin. Putin kann nicht auf Europa zugehen, weil dies gegen die Doktrin ist, an die er am stärksten glaubt, Putins erklärtes Ziel ist die Zerstörung Europas und Verdrängung der USA aus Europa, danach strebt Putin mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stellt. Wenn jetzt hier philosophiert wird, man könne Putin in den Griff bekommen, in dem Handel mit Russland betrieben werde, hat nicht erkannt, was die Motivation Putins ist und noch mal unterstrichen, Putins Ziele sind mit Blick auf Europa keine freundschaftlichen.

    • Es wäre sehr gut, wenn Deutschland endlich wieder ein freies freies Land ohne US-Besatzung wäre. Der USA ist eine gute Verbindung zwischen Deutschland ein grosser Dorn im Auge (deshalb Kriegspropaganda), da es dann viel weniger Macht hätte. Die USA profitieren extrem von einer schlechten Verbindung Deutschlands mit Russland. Seit Jahrzehnten haben sie erfolgreich daran gearbeitet.
      Das sollte uns endlich allen mal klar werden.
      Aufwachen!

  3. Und was wurde draus, aus der merkelschen EUROPA-Politik gegen Rußland ?? Sanktionen, Drohungen an Rußland …. Und jetzt sind wir wieder in Zeiten des Kalten Krieges und dürfen uns die Keller mit Vorräten vollstopfen ….. Jahrzehntelange Annäherung wurde durch die neuzeitliche Ostpolitik, wie mit dem Dampfhammer niedergeschlagen !!!

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