Illegale Autorennen: Ku’damm nur Kreisliga – Geld wird auf Berliner Ring verdient

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Mit diesem getunte Audi raste am 1. Februar 2016 ein 27jähriger bei Rot in einen Jeep und tötete einen 69jährigen Fahrer. (Foto: Facebook/Polizei Berlin)
Mit diesem getunten Audi raste am 1. Februar 2016 ein 27jähriger bei Rot in einen Jeep und tötete einen 69jährigen Fahrer. (Foto: Facebook/Polizei Berlin)

Der Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße vorm KaDeWe haben inzwischen traurigen Berühmtheit erlangt, weil immer wieder bei illegalen Autorennen unbeteiligte Autos gecrasht und die Insassen verletzt werden. Jüngst gab es gar einen Toten.

Am 1. Februar 2016 wurde ein 69jähriger Rentner, der in seinem kleinen Jeep auf dem Weg nach Hause war, vorm KaDeWe von zwei Rasern in ihren hochfrisierten Autos in den Tod gerammt. Zuvor sollen sie nach Zeugenaussagen mehrere rote Ampeln überfahren haben. Der getötete Rentner hatte Grün. Die Raser wurden selbst verletzt. Der 27 Jahre alte Audi-Fahrer, der 24-jährige Mercedes- Fahrer und dessen 22 Jahre alte Beifahrerin erlitten schwere Verletzungen und wurden von Rettungskräften in Krankenhäuser gebracht. Gestern vollstreckten Zivilbeamte an dem 27jährigen Hauptbeschuligten in Moabit den Haftbefehl wegen versuchter Tötung.

Im Kreuzungsbereich Nürnberger Straße/Tauentzienstraße hatte er mit seinem Audi den Jeep des 69-Jährigen so stark gerammt, dass dieser durch die Wucht des seitlichen Aufpralls zirka 70 Meter weit in Richtung Wittenbergplatz geschleudert wurde. Der Rentner starb in den Trümmern.

Doch wie ein Insider der Berliner Autorennen-Szene der B.Z. erzählte, seien die Rennen auf dem Ku’damm nur Kreisliga, bei der gar kein Geld verdient wird.

Nur in Ausnahmefällen würden sich PS-Junkies mit aufgemotzten Autos in der Stadt eine Wettfahrt um einen Jackpot von 25.000 Euro nach dem Vorbild der Gumball-Rennen liefern. Gumball-Rennen (Kaugummi-Rennen) wurden 1999 vom Engländer Maximillion Cooper unter dem Motto „It’s not a race, it’s a rally!“ ins Leben gerufen. Wer dabei eine rote Ampel überfährt, hat schon verloren.

Doch die richtigen illegalen Autorennen werden auf dem Berliner Ring gefahren. Da muss jeder in den Jackpot einzahlen. Gewinner ist, wer als erster eine festgelegte Ausfahrt passiert. Es geht stets um mehrere Tausend Euro.

Das ist dann die A-Liga der illegalen Autorennen. Und die funktioniert so:

Die A-Liga treffe sich am Kutschi (Kurt-Schumacher-Platz in Reinickendorf) Richtung Hamburg oder Schönefeld/Dresden, an der ARAL-Tankstelle in der Alboinstraße 19-20 in Tempelhof Richtung Schönefeld/Dresden und auf dem Avus-Treff Spinner Brücke in der Spanischen Allee 180 in Nikolassee Richtung Magdeburg/Leipzig. „Freitag, Sonnabend, Sonntag trifft man sich da“, erzählte der 29jähriger Aussteiger der B.Z. „Und dann quatscht man, sagt, ah, was hast du denn da? Aber man macht die Haube nicht auf, sagt „da hast du keine Chance“. Die Scheine werden auf die Motorhaube gepackt und dann ab auf die Autobahn. Wie gesagt, nur die Idioten fahren in der Stadt. Die richtig krassen Leute fahren auf der Autobahn.“

In der Kreisklasse geht es nur um den Spaß und den Nervenkitzel. „Wer auf dem Kudamm fährt, ist Einstiegs-Klasse und hat nie mehr als 450 PS. In der Oberliga geht es dagegen teilweise um sehr viel Geld. Das sind dann aber Autos mit mindesten 500 oder 700 bis zu 1300 PS.“ Im Jackpott sind bis zu 15.000 Euro pro Rennen.

150 Leute ist die Teilnehmer-Szene stark. „Da gibt es die reichen Söhnchen aus Grunewald, die von Papi einen Ferrari oder Lamborghini geschenkt bekommen haben. Auf der anderen Seite sind die Bastler, die die reichen Söhnchen ausnehmen.“

Nur die Ferrari-Besitzer machen die Motorhaube auf. Die Golf2- oder Toyota Supra-Besitzer lassen die Haube zu. Niemand soll sehen, dass sie über 1.300 PS verfügen. Dazu wird beispielsweise ein Turbolader aus einem Lkw verbaut. Das machen meist deutsche Mechaniker. Fahrer sind überwiegend Araber.

Wie läuft das Rennen ab?

Der Ausseiger beschrieb der B.Z. „Du bekommst abends eine SMS. „Hast du Lust mitzufahren, dann sei um 23.15 Uhr an der Aral-Tankstelle Alboinstraße. Du musst pünktlich da sein, weil du dann, zwei, drei Minuten später, die Fahrtrichtung mitgeteilt bekommst. Geh jetzt auf die Autobahn Richtung Schönefeld.“ Das war dann wie in einem Film. Du kommst die Auffahrt runter und plötzlich bist du nicht allein. 8, 9 andere Wagen sind dann plötzlich vor, hinter und neben dir. Der erste fährt am Kutschi los. Und dann stößt immer nur einer pro Ausfahrt mit dazu. Das wird wegen der Kripo so gemacht. Weil es zu auffällig ist, wenn so eine Kolonne geschlossen durch die Stadt zur Rennstrecke fährt.“

Die B.Z.-Reporter Sarah Borufka und Katharina Metag haken nach: „Und wo beginnt die Rennstrecke, und wer gibt dann das Startkommando?“

Der Aussteiger: „In der Stadt wird dreimal gehupt, dann geht es los. Auf der Autobahn sind die Ausfahrtschilder Start und Ziel. Ein Späher fährt einen Kilometer vorneweg und checkt, ob Bullen da sind. Dann fahren immer drei Autos zusammen. Pro Auto eine Spur. Hinter den Dreien fährt einer mit Nebellicht, damit die Starter das Schild gut sehen können. Man fährt nur mit 30 oder 40 Sachen langsam nebeneinander auf das Schild zu, bis es über einem ist. Das ist der Start und dann wird hochbeschleunigt bis auf 300 und mehr.“

In Deutschland sind laut  § 29 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Rennen mit Kraftfahrzeugen verboten. Den Teilnehmern drohen Bußgelder, Punkte in Flensburg und Führerscheinentzug. Wird jemand getötet, ist das nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich. Im Fall des 69jährigen Rentners am Ku’damm ermittelt die 2. Mordkommission.

 

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  1. Das ist doch erst der Anfang: In drei Jahren ist Deutschland am Ende. Ihr dürft Euch dann bei Merkel und Co und unseren tollen Mainstream-Medien bedanken.

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