Prominenter Pirat verlässt sinkendes Schiff: „Ich habe die Faxen dicke!“

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Nach dem Austritt von Martin Delius sind nur noch sieben der 15 Fraktionsmitglieder im Abgeordnetenhaus auch Parteimitglied. (Foto: flickr/Heinrich-Böll-Stiftung)
Nach dem Austritt von Martin Delius sind nur noch sieben der 15 Fraktionsmitglieder im Abgeordnetenhaus auch Parteimitglied. (Foto: flickr/Heinrich-Böll-Stiftung)

Die Berliner Piratenpartei hat ihren bekanntesten Politiker verloren. Martin Delius, der sich seit der Gründung im Jahr 2009 in der Partei engagiert hat, hat ihr nun den Rücken gekehrt. Delius hatte sich als Vorsitzender des BER-Untersuchungsausschusses einen Namen in der Berliner Politik gemacht. Auf Twitter postete Delius ein Bild seines durchgeschnittenen Mitgliedsausweises mit den Worten: „Ich habe keine Lust mehr mich für das Gebaren von #piraten zu rechtfertigen. Das ist nicht mehr zum aushalten.“

Gegenüber dem RBB bestätigte Delius, dass dies als Parteiaustritt zu werten sei. Zum genauen Anlass seines Austritts wollte sich Delius jedoch nicht äußern. „Ich habe einfach die Faxen dicke“, wird Delius vom RBB zitiert. Delius hatte bereits angekündigt, sich nicht mehr für die Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im Jahr 2016 bereit zu stellen. Er begründete dies mit dem Wandel, den die Partei in den letzten vier Jahren durchgemacht habe. „Es hat einen klaren Rechtsruck in der Partei gegeben, insofern sehe ich meine Zukunft in der Partei nicht mehr, weil sie nicht die ist, für die ich einmal angetreten und gewählt worden bin.“

Delius ist nicht der erste prominente Pirat, der seine Partei im Streit verlässt. Im September letzten Jahres trat bereits der Vorsitzende des Berliner Landesverbandes Christoph Lauer aus der Partei aus. Lauer sah laut keine Mehrheit für eine „Professionalisierung der Partei“, wie Inzwischen hat der Ex-Pirat beim Springer-Verlag angeheuert, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Dort nimmt er die Position „Leiter der strategischen Innovationen“ ein und ist direkt dem Vorstand unterstellt. Seine Ex-Kollegen warfen ihm daraufhin vor auf die „Dunkle Seite der Macht“ gewechselt zu sein. Lauer kontert, der Springer-Verlag sei „ein Unternehmen, das an vorderster Front den digitalen Wandel der Medienbranche vollzieht“ und er wolle daran mitwirken. Doch Lauer bleibt der Fraktion der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus trotz Parteiaustritt treu. Als innenpolitischer Sprecher der Piratenfraktion erhält er dort weiterhin eine monatliche Diät von 3,477 Euro (Brutto) zuzüglich zu seinen Einkünften beim Springer-Verlag.

Nachdem die Piratenpartei bei der Bundestagswahl mit nur 2,2 Prozent der Stimmen gescheitert war, hatte der damalige Vorsitzende Bernd Schlömer das sinkende Schiff verlassen. Zusammen mit seinem Vorgänger Sebastian Nerz haben sie inzwischen eine neue politische Heimat gefunden. Mitte Oktober wurden sie von FDP-Chef Christian Lindner abgeworben. Während Schlömer sich im Berliner Landesverband der FDP engagieren will, zieht es Nerz nach Tübingen. Bei Themen wie Freiheitsrechte und Vorratsdatenspeicherung stimme das FDP-Programm mit dem der Piraten überein, begründete Schlömer seinen Schritt gegenüber dem Spiegel. „Es darf nicht alles sinnlos sein, was wir damals mit der Digitalagenda gesetzt habe. Ich kann und möchte einen konstruktiven politischen Beitrag leisten“, so der Ex-Pirat.

Der Berliner Landesverband der Piraten ist mittlerweile auf 900 Mitglieder geschrumpft. In den vergangenen Monaten traten insgesamt sieben Mitglieder des elfköpfigen Landesvorstands zurück, wie der RBB berichtet. Darunter befanden sich unter anderen der Fraktionsvorsitzende Andreas Baum sowie die Abgeordneten Pavel Mayer. Simon Weiß, Oliver Höffinghoff und Heiko Herberg. Zudem hat der ehemalige Generalsekretär Marcel Geppert hat die Partei verlassen. Und auch Sebastian Nordhoff ist aus der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg ausgetreten. Der Fraktionsvorsitzende Baum begründete seinen Austritt mit der zunehmenden Anzahl an „unpolitischen Piraten“ im Landesverband. Er wolle der Fraktion jedoch erhalten bleiben und seine Rolle als Sprecher für Verkehr-, Sport- und Queerpolitik weiterhin ausfüllen. Damit sind nun nur noch sieben von 15 Fraktionsmitgliedern im Abgeordnetenhaus auch Mitglied der Piratenpartei.

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