Kita-Bericht: Berlins Eltern verraten die eigenen Kinder

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Der langjährige Erzieher Andreas Ebenhöh hat einen Bericht über den Alltag in einer Berliner Kita geschrieben. Demnach haben Eltern und Erzieherinnen kaum Zeit für die Kinder. Die Jungen und Mädchen fühlen sich verraten und verlassen.

Ein Kita-Bericht zeigt das harte Schicksal der schwächsten Berliner.
Ein Kita-Bericht zeigt das harte Schicksal der schwächsten Berliner.

Andreas Ebenhöh ist seit mehr als 15 Jahren in unterschiedlichen Kindertagesstätten tätig. Letzte Woche hat er nun einen Bericht über den Alltag in der Berliner Kita Musterberg auf Facebook gepostet, der beispielhaft für viele Berliner Kitas ist.

Der Bericht von Andreas Ebenhöh zeigt, dass es den Kindern nicht gut geht. Die Eltern laden sie schon in jüngsten Jahren und über extrem lange Zeiträume ab. Dier Erzieherinnen haben wegen der vielen Kinder kaum Zeit für das einzelne. Hier der ungekürzte Bericht:

Überleben…und irgendwann zerbrechen!

Montagmorgen…40 U3 Kinder und 25 Ü3 Kinder werden bis 09:00 Uhr in der Kita Musterberg eintreffen! Eigentlich würden diese Kinder (laut Personalschlüssel) von 10 Kollegen/innen und einer Auszubildenden betreut, begleitet, gefördert und beschützt werden. Doch heute – wie an den meisten Tagen in all den Jahren – fehlen in der Kita Musterberg drei Kolleginnen auf Grund von Urlaub und Krankheit.

Ab 7:00 Uhr treffen also langsam die ersten Eltern ein und übergeben (mit dem ein oder anderen persönlichen Anliegen) der einzigen Kollegin im Frühdienst (die zweite Kollegin ist krank) nach und nach ihre Kinder. Es sind – wie so oft – die Jüngsten (Kinder zwischen 6 Monaten und 1,5 Jahren), die als Erstes kommen und um 08:00 Uhr sitzen bereits 15 U3-Kinder um eine tröstende, singende, lachende, wickelnde, vorlesende und zuhörende Erzieherin, die noch keine Gelegenheit hatte, die anderen Gruppen vorzubereiten, geschweigen denn, die Gruppenwägen zu bestücken oder das Obst und Gemüse zu schneiden. Um 08:00 Uhr kommt die zweite Kollegin und endlich schafft es die erste Kollegin auf die Toilette (auf der Toilette wünscht Sie sich nach Hause oder auf eine Insel im Südpazifik). Die zweite Kollegin seufzt und fragt sich liebevoll lächelnd, wann Sie ihren Dienst mal in Ruhe beginnen kann. Der dritte Kollege trifft ein…es ist 08:30 Uhr und es sind bereits 30 weinende, lachende, streitende, schreiende, spielende, traurige und fröhliche Kinder in der Frühgruppe…Kinder mit Sprachauffälligkeiten, Opfer häuslicher Gewalt, Entwicklungsverzögerungen, Behinderungen, mit Sehnsüchten, Ängsten und Sorgen, mit dem Wunsch nach Geborgenheit, Wertschätzung und Liebe. Kinder, die sich auf ihre einzigartige Art und Weise entwickeln wollen und dafür Bindung, Zeit und individuelle Begleitung brauchen!

09:00 Uhr…in der Ü3-Gruppe sitzt der Kollege (innerlich niedergeschlagen…während Hals und Nase mal wieder brennen) im Morgenkreis mit hustenden und niesenden Kindern und berichtet, dass der geplante Waldausflug für heute nicht stattfinden kann, da seine Gruppenkollegin in der Krippe aushilft. In einer U3-Gruppe sitzt ebenfalls nur eine Kollegin (die Andere ist im Urlaub) mit 10 Kindern am Frühstückstisch. Während Sie das 6 Monate alte Kind füttert, streiten zwei Jungen am Tisch und werfen die Teller runter. Ein Mädchen weint verzweifelt und ein anderes braucht dringend eine neue Windel. Ein zehn Monate alter Junge wirft derweil die Teekanne um…während er an den Haaren seiner Nachbarin zieht!

Eine U3-Gruppe weiter findet eine Eingewöhnungen statt…jedoch begleitet von Kolleginnen, die weder in diese Gruppe gehören, noch das Erstgespräch geführt haben oder mit den gruppeninternen Ritualen vertraut sind. Eine von Ihnen ist die Ü3 Kollegin, die heute lieber mit ihrer Gruppe im Wald wäre und sich ironisch denkt: “Ich hätte Bürokauffrau werden sollen!“ Das Elterngespräch für 17 Uhr sagt sie zum zweiten Mal ab, da Sie den Spätdient bis 17:00 Uhr übernimmt! In dieser Woche – wie in so vielen Wochen – fallen noch zwei weitere Elterngespräche, sowie die Gruppenvorbereitungszeiten und Entwicklungsdokumentationen aus. Die Angestellten der Kita Musterberg sehnen sich nach dem Wochenende…obwohl sie am Wochenende meist krank im Bett liegen, da Eltern ihre kranken Kinder unbeirrt in der Kita abgeben.

Dienstagmorgen…07:30 Uhr! Eine weitere Kollegin meldet sich krank! Die Devise: „Überleben…und irgendwann zerbrechen“!

7 Kolleginnen…für 40 U3 Kinder und 25 Ü3 Kinder…bei Öffnungszeiten von 07:00-17:00 Uhr! Das ist keine Ausnahme, kein Versehen, keine organisatorische Fehlplanung oder fehlende Leidenschaft für diesen wunderbaren Beruf! – und bitte sparen wir uns Debatten über Zeitmanagement, Überlastungsanzeigen und Co. -…beschissene Rahmenbedingungen werden nicht besser, nur weil wir lernen sollen, besser damit umzugehen!!! Das ist Alltag in 85 % der 51.000 Kindertagesstätten in Deutschland! Ein Alltag, der nicht nur von der Politik gesetzlich verabschiedet wurde, sondern als ausreichend und bildungsorientiert verkauft wird! Und die Medien berichten von Cyberattacken, Trump und der Maut!

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33 KOMMENTARE

  1. Öffnungszeiten von 6.00h bis 18.00h . 11 Stunden Tage für die kleinsten..
    Die Lautstärke und die Masse an verhaltensauffälligen Kindern ist für niemanden gut. Der Staat verkauft Erzieher.. Kinder.. die die Fehlpolitik ausbaden müssen.

  2. Öffnungszeiten von 6.00h bis 18.00h . 11 Stunden Tage für die kleinsten..
    Die Lautstärke und die Masse an verhaltensauffälligen Kindern ist für niemanden gut. Der Staat verkauft Erzieher.. Kinder.. die die Fehlpolitik ausbaden müssen.

  3. Beide arbeiten ??? Mit nichten … die Kinder die am längsten in der kita sitzen.. sind Kinder von.. Hartz 4 Empfängern. Muss leider so gesagt werden. Bloss weg mit den lieben kleinen..

    • Das halte ich für ein Gerücht, es sei denn, die Eltern befinden sich in Maßnahmen.

      „Zwischen dem 3. Lebensjahr und dem Schuleintritt haben Kinder einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Da Alg II-BezieherInnen immer unterhalb der Einkommensgrenze liegen, steht ihnen ein kostenloser Halbtagsplatz zu.“

      Falls die Kinder im Kindergarten zu Mittag essen, wird den Eltern der entsprechende Betrag von der Regelleistung abgezogen.

      Ihre Aussage über Hartz-IV-Empfänger ist diskriminierend. Eventuell kommen Sie ja selber mal in den Genuss, diesen Titel zu tragen, denn spätestens dann merken Sie, wie dumm ihre Einstellung ist. 😉

    • Liebe Brigitte Wolff..
      Wenn nur ein Elternteil eine Massnahme vorweisen kann.. werden die stunden von 7 auf 9 erhöht. Und zwar bis schuleintritt.. keiner prüft mehr nach..
      Also nix halbtagsplatz..
      Fürs Essen sollen sie genauso bezahlen wie andere.. diskriminirend finde ich das arbeitende Eltern keinen Platz bekommen.. weil die Plätze..( auch in der Krippe ) mit Kindern belegt sind.. wo die Eltern in Abwesenheit der Kinder das Leben genießen..

      Ob meine Aussage dumm ist.. ist jedem überlassen was er davon hält.

    • Sirius Jack beim Kindergartenplatz geht es nicht vorrangig darum, dass ein Kind aufgehoben ist, damit die Eltern arbeiten gehen können. Kindergarten ist vor allem ein Ort der Sozialisation und des Lernens. Und da sollte kein Kind vorrangig behandelt werden. Gleiches Recht für alle Kinder.

    • Sirius Jack, und schon wieder ein Seitenhieb auf Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Sie können anscheinend nicht anders oder haben tatsächlich null Ahnung.

    • Wenn gleiches Recht für alle heißt.. das Frauen ihren Job verlieren weil sie keinen Kitaplatz bekommen.. hört es auf.. und ich weiß was für ein Ort die Kita ist..

    • Ja ja Sirius Jack sie sind Erzieherin lol, das glaubt ihnen doch kein Mensch. und falls dem so wäre, dürften sie hier nicht in dieser Art und Weise kommentieren. Ich bin tatsächlich Erzieherin und sehe, dass alle Eltern mal zu spät kommen, um das Kind abzuholen. Wie gesagt ich kenne es nicht, dass irgendwer bevorzugt wird, bei der Aufnahme im Kindergarten und ich finde das auch richtig so. Jedes Kind hat das gleiche Recht auf Sozialisation , Personalisation und Integration im Kindergarten. Im Notfall gibt’s auch noch Tagesmütter.

    • Sirius Jack, wenn Sie Erzieherin sind, schlimm für Eltern und Kinder, denn bei Ihnen wäre dann anzunehmen, dass Sie H-IV-Kinder spüren lassen, was Sie von ihnen bzw. ihren Eltern halten. Personen mit Ihrer diskriminierenden Einstellung findet man leider mittlerweile recht häufig auch unter den Lehrkräften an Schulen.

    • Steffi Scherweit.. Ich weiß.. Und das ist auch gut so.. viele bekommen dort was sie Zuhause nicht bekommen.. verlässliche Strukturen.. ein offenes Ohr und meist auch ein warmes Essen.

  4. Ist das nicht traurig und ebenso unverantwortlich was mit unseren Kindern passiert? ! Das ist doch einfach nicht mehr hinnehmbar was auf Kosten der Erzieher und Kinder passiert. Dem ist auch geschuldet das viele Familien kaum noch Zeit und Geld aufgrund von gezahlten Hungerlöhnen haben ihre Kleinstkinder zu hause zu betreuen. Hier muss der Staat dringend etwas ändern und vernünftige Familienpolitik betreiben.

  5. Auf der Arbeit alle deutschen voll gestresst ein kind beide arbeiten, die Türken 5 Kinder Frau zuhause alles gut.. Ist nicht Böse gemeint aber Anders gehts leider nicht..

  6. aber die Politiker der Altparteien erklären doch immer, wie gut es DIR in Deutschland geht…….trotz ständigem Wirtschaftswachstum haben wir….. Kinderarmut, Hungerslöhne, Altersarmut, über 2 Billionen-Steuerschulden…..aber Millionen für Wirtschaftsflüchtlinge ausgeben. Im September sind Wahlen……manchmal sind die „Alten“ schon zulange weg von der Basis , vom Volk ! Ihr wählt jedesmal die Gleichen und erhofft euch jedesmal ein anderes Ergebnis….sehr logisch !

  7. Herr Weber, in Ballungsräumen wo ein Gehalt nicht mal für die Miete reicht, sieht es schlecht aus wenn einer nach dem ersten Jahr weiter zu Hause bleibt.

  8. Genug Geld ist vorhanden, das stimmt.
    Aber wenn man sich die letzten 5-10 Jahre ansieht: Geld für Straßensanierung fehlt, Geld für Polizei, Feuerwehr, Sanitäter, Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen fehlt, Geld für höhere Hartz IV Sätze ganz schwierig usw.
    Kaum kamen die ersten Flüchtlinge waren zig Millionen vorhanden. Inzwischen mehrere Milliarden pro Jahr.
    Wo bitte kommt das nie vorhandene Geld plötzlich her?

  9. hoffentlich werden die so früh abgelieferten kidds so schlau, dass sie später einmal ihre erzeuger richtig ausnehmen und ihnen danken, dass sie wegen lauter kohle machen, keine zeit für sie hatten.

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