Abgesagtes Länderspiel in Hannover: Akute Terrorgefahr oder Spiel mit der Angst?

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Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verunsicherte die Bürger nach der Absage des Freundschaftspiels Deutschland gegen die Niederlande mit seinen nebulösen Aussagen. (Foto: flickr/Christliches Medienmagazin pro)
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verunsicherte die Bürger nach der Absage des Freundschaftspiels Deutschland gegen die Niederlande mit seinen nebulösen Aussagen. (Foto: flickr/Christliches Medienmagazin pro)

Eine Absage des Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover als Reaktion auf die Terroranschläge in Paris würde das völlig falsche Signal senden, da waren sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und DFB-Interimspräsident Reinhard Rauball kurz nach den Attentaten noch einig. Nur wenige Tage später wurde das geplante Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden am Dienstag in Hannover dennoch aus Sicherheitsgründen kurz vor Anpfiff abgesagt. Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe hatte zuvor erklärt: „Wir haben konkrete Hinweise gehabt, dass jemand im Stadion einen Sprengsatz zünden wollte.“

Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz begründete der Innenminister die Absage wie folgt: „Die Hinweise auf die Gefährdung des heutigen Fußballspiels haben sich im Laufe des Abends so verdichtet, dass wir nach Abwägung dringend empfohlen haben, dieses Länderspiel abzusagen“, so de Maizière. Zu den Hintergründen der Spielabsage schwieg sich der Innenminister jedoch beharrlich aus. „Die Quelle und das Ausmaß der Gefährdung möchte ich nicht weiter kommentieren. Ein Teil dieser Antworten könnte die Bevölkerung verunsichern.“ Die Süddeutsche Zeitung kommentiert das pointiert mit: „Ein Geschichtenerzähler baut so Spannung auf. Ein Innenminister tut genau das, was er vorgibt, verhindern zu wollen: Er verunsichert.“

Die BILD-Zeitung berichtet nun, dass der Verfassungsschutz den Innenminister auf einen möglichen Anschlag hingewiesen habe. Das Medium, dass sich bester Kontakte zu Sicherheitskreisen rühmt, zitiert ausgiebig aus einem „Geheimdokument“ des Verfassungsschutzes an Innenminister de Maizière. Darin heißt, dass „eine Gruppe von mehreren Angreifern“ ein Attentat auf das Fußballspiel plane. Die insgesamt fünf Angreifer wollten laut Verfassungsschutz mehrere Sprengsätze innerhalb des Stadions zur Detonation zu bringen. Die Sprengsätze sollten in einem Rettungswagen ins Stadion geschmuggelt werden, wie der NDR berichtet. Der nicht namentlich genannte Anführer der Terrorzelle sollte ebenfalls im Stadion anwesend sein, um die Anschläge zu filmen. Außerdem wird in dem Dokument vor Bombenattentaten in der Innenstadt Hannovers sowie am Bahnhof gewarnt.

Den entscheidenden Hinweis bekamen die deutschen Verfassungsschützer von einem „ausländischen Geheimdienst“, bei dem es sich wahrscheinlich um den französischen Geheimdienst handelt. Zur Explosion von Sprengsätzen kam es am Dienstag in Hannover jedoch zum Glück nicht. Dennoch wirft die Absage des Länderspiels viele Fragen auf, denn bisher meldeten die Polizeibehörden weder Sprengstofffunde noch Festnahmen. Lediglich eine „gut gemachte“ Bombenattrappe wurde in einem IC von Hannover nach Oldenburg gefunden. Die Polizei suche zwar weiterhin nach Verdächtigen, aber inzwischen werde nicht mehr nach möglichen Sprengsätzen gesucht, wie Polizeisprecher Thorsten Schwiewe dem NDR am Donnerstag mitteilte. Handelte es sich also um eine tatsächliche Bedrohung oder um falschen Alarm? Wurden die Attentäter aufgeschreckt oder wurde die Bedrohung von den Geheimdiensten größer gemacht als sie war?

Die Lage in Europa ist auch sechs Tage nach den Attentaten von Paris weiterhin angespannt. Günter Jauch stellte in seiner Fernsehsendung die provokative Frage, ob der Staat seinen Bürgern reinen Wein einschenken müsse und ihnen eingestehen muss, dass er sie vor Terror nicht schützen könne. Auf Jauchs Frage hin antwortete der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) in einer für Politiker ungewöhnlich direkten Art und Weise mit einem klaren „Ja“. Dennoch tobt in den Medien bereits erneut die Debatte, ob sich die Bürger mehr Sicherheit wünschen und bereit sind dafür weitere Freiheiten aufzugeben. Die Menschen in den Großstädten leben in Angst und sind im Augenblicks des Schocks dazu verleitet, den Staat nach mehr Sicherheit anzuflehen. Medien und Politik spielen aus Profitinteresse und Machtkalkül mit diesen Ängsten. Womöglich nutzen gewisse Kreise in Politik und Geheimdiensten die sich bietende Möglichkeit sogar knallhart für ihre eigenen Interessen aus.

Immerhin haben die deutschen Dienste im Zuge der jüngsten Affären einiges an Vertrauen in der Bevölkerung eingebüßt. Der Verfassungsschutz ist tief in die NSU-Affäre verstrickt und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nichts gegen die ihm bekannte terroristische Bedrohung unternommen zu haben. Und der Bundesnachrichtendienst steht in der Kritik, weil er im Verdacht steht europäische Spitzenpolitiker und Teile der deutschen Bevölkerung abgehört zu haben. Nun bietet sich für die Dienste die Gelegenheit, ihre Existenzbegründung zu erneuern. Die Bevölkerung könnte so daran erinnert werden, dass sie die Schlapphüte braucht, um Terroristen zu jagen. Und das Parlament ist sicher auch gewillt, die nächste Budgeterhöhung zu verabschieden, wenn es dem Krieg gegen den Terror dient.

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  1. Das ist ganz großes Kino von der Merkel im Auftrag der Big Bosses gewesen. Sie ist doch dem Ami hörig. Solange wir nicht die volle Souveränität von Amerika, England und Frankreich bekommen, wird sich leider nichts ändern.

  2. das Spiel hatte fußballerisch wenig Wert – es sollte ein starkes Zeichen aber sein gegen den islamischen Terror. – Was immer dahinter gesteckt hat, es ist eine Kapitulation der Polizeiführung gewesen vor genau diesem Terror. Ob nun angeordnet von oben oder nicht. Egal wer versagt hat…. – denke mal, Merkel wollte dieses Zeichen nicht, um nicht ihre Politik der immer noch offenen Grenzen zu gefährden….

  3. Ich habe es von Anfang an gesagt: Unsere Regierungsclique hat sich in die Hose geschissen. Da stellt sich beinahe zwangsläufig die Frage: Ist die parlamentarische Demokratie ein System von Feiglingen für Feiglinge?

  4. Ich dacht der Tag sei abgehakt. Da ich mittlerweile die Kommentare von einigen schon bei anderen Posts ,als es um dies ging mit Kopfschütteln lesen musste, les ich hier gar keine. Es wär echt mal gut jetzt. Manche wollen nicht begreifen.

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