20 Millionen Euro beiseite geschafft? Anklage gegen Ex-Drogeriekönig Anton Schlecker & Co.

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Der Drogeriekönig Anton Schlecker heiratete 1970 die Fremdsprachensekretärin Christa. Sie verdiente als Chefsekretärin bei Schlecker 60.000 Euro monatlich (Foto: Youtube/ZDFinfo)
Der Drogeriekönig Anton Schlecker heiratete 1970 die Fremdsprachensekretärin Christa. Sie verdiente als Chefsekretärin bei Schlecker 60.000 Euro monatlich (Foto: Youtube/ZDFinfo)

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart gab heute Vormittag Details zur Anklage gegen den einstigen Drogeriekönig Anton Schlecker (71, gelernter Metzgermeister) bekannt. Der Gründer und Inhaber des vor vier Jahren pleite gegangenen Drogerie-Imperiums mit Sitz in Ehingen in der schwäbischen Provinz in Baden-Württemberg soll vor der Insolvenz Vermögenswerte beiseite geschafft haben. Der Vorwurf: vorsätzlicher Bankrott.

In der Anklage geht es unter anderem um überteuerte Verträge mit Firmen seiner Kinder Lars und Meike Schlecker, wie der LDG Logistik- und Dienstleistungsgesellschaft mbH. Allein dadurch sollen elf Millionen Euro dem Zugriff der 23.000 Gläubiger entzogen worden sein. Die Gläubiger forderten rund eine Milliarde Euro von dem Unternehmer, der in seinen Hoch-Zeiten an die 9.000 Filialen im In- und Ausland betrieben hatte.

Weiter habe der einstige Drogeriekönig aus Ehingen Familienmitglieder beschenkt und Zuwendungen gemacht, obwohl er von der drohenden Insolvenz wusste. So habe er beispielsweise die Renovierung der Wohnung seines Sohnes bezahlt. Kostenpunkt: eine Million Euro. Auch einen Luxusurlaub seiner Kinder in Antigua für rund 60.000 Euro habe Schlecker bezahlt.

Angeklagt seien neben Anton Schlecker auch Lars und Meike sowie deren Mutter Christa Schlecker (ehemals Fremdsprachenkorrespondentin) sowie zwei Wirtschaftsprüfer. Sie hätten dabei geholfen, Teile des Vermögens zu verstecken. Bei der Schlecker-Pleite verloren 25.000 Mitarbeiter bundesweit ihren Job.

13 Straftaten soll Schlecker begangen haben. Theoretisch droht eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren. Insider rechnen indes nicht mit einer Haftstrafe. Es geht um falsche Angaben zu Bilanzen, eine Falschaussage an Eides statt und vor allem: viele Geldüberweisungen. So etwa um Geldgeschenke Schleckers an seine Enkel: 800.000 Euro im März 2011. Als das Geld überwiesen wurde, fuhr die Firma bereits Millionenverluste ein. Laut Süddeutscher Zeitung wurde kurz vor der Insolvenz auch ein Logistikzentrum der Firma für 2,5 Millionen Euro an die Kinder weitergereicht.

Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Staatsanwalt Jan Holzer, teilte vor wenigen Minuten mit:

Staatsanwaltschaft erhebt im Zusammenhang mit der Insolvenz einer Drogeriemarkt-Kette Anklage gegen den früheren Inhaber des Unternehmens, dessen Ehefrau, seine beiden Kinder und zwei Wirtschaftsprüfer

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen sechs Angeschuldigte Anklage zum Landgericht – Große Wirtschaftsstrafkammer – Stuttgart erhoben.

Der Hauptangeschuldigte war Inhaber eines großen Einzelunternehmens, das eine namhafte Drogeriemarktkette im In- und Ausland betrieb und darüber hinaus zahlreiche Tochterunternehmen hatte. Der gesamte Konzern geriet ab dem Jahr 2000 in eine strategische Krise, die durch stagnierende Umsätze und rückläufige Ergebnisse gekennzeichnet war. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde am 28.03.2012 zunächst das Insolvenzverfahren über das Privatvermögen des Hauptangeschuldigten eröffnet, auch soweit es in dem Einzelunternehmen gebunden war. In der Folge wurden auch über die jeweiligen Vermögen der Tochterunternehmen Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hauptangeschuldigten vor, in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens in insgesamt 36 Fällen Vermögenswerte beiseite geschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Darüber hinaus soll er hinsichtlich der Geschäftsjahre 2009 und 2010 die Verhältnisse seines Unternehmens im Jahresabschluss bzw. die Verhältnisse des Konzerns im Konzernabschluss unrichtig wiedergegeben haben und in einem Fall vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht und diese an Eides Statt versichert haben.

Seine Ehefrau und seine beiden Kinder sollen dem Hauptangeschuldigten in mehreren Fällen dabei geholfen haben, dem Unternehmen Vermögenswerte zu entziehen. Den Kindern wird darüber hinaus vorgeworfen, als faktische Geschäftsführer eines Logistikunternehmens dieses um mehrere Millionen Euro geschädigt zu haben, indem sie sich diesen Betrag als angeblichen Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2011 ausschütten ließen, obwohl das Unternehmen – wie sie wussten – in diesem  Geschäftsjahr nur Verluste erwirtschaftet hatte und bereits überschuldet war.

Außerdem unterließen sie es als faktische Geschäftsführer dieses Logistikunternehmens bewusst pflichtwidrig, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen und veranlassten zwei Zahlungen in Höhe von insgesamt zirka 52.000 Euro vom Geschäftskonto des Logistikunternehmens auf ein Privatkonto ihrer Mutter für – wie sie wussten – tatsächlich nicht erbrachte Beraterleistungen.

Auch für ein weiteres Unternehmen, deren faktische Geschäftsführer die beiden Kinder des Hauptangeschuldigten waren, veranlassten diese trotz Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit zwei unberechtigte Zahlungen in Höhe von insgesamt zirka 19.000 Euro vom Geschäftskonto des Unternehmens auf das Privatkonto ihrer Mutter.

Die beiden angeschuldigten Wirtschaftsprüfer waren mit der Prüfung des Jahresabschlusses des Einzelunternehmens des Hauptangeschuldigten im Geschäftsjahr 2009 bzw. des Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2010 beauftragt. Ihnen wird zur Last gelegt, im Rahmen dieser Prüfung die falsche Bilanzierung durch den Hauptangeschuldigten zwar erkannt, dessen ungeachtet aber in beiden Fällen attestiert zu haben, dass ihre Prüfung zu keinen Einwendungen geführt habe und die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Vorgaben entsprächen.

Die 11. Kammer des Landgerichts Stuttgart hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden. 

Familie Schlecker hat bereits einiges wiedergutgemacht

10,1 Millionen von den im Raume stehenden 20Millionen Euro sollen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung an den Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz überwiesen worden sein; dafür durfte die Familie ihr Anwesen in Ehingen behalten. Schenkungen an Enkelkinder habe man rückabgewickelt. Etliche Zahlungen seien zudem strittig und nicht eindeutig zuzuordnen, zum Beispiel Bewegungen auf Verrechnungskonten zwischen einzelnen Firmen oder Autoreparaturen für den Porsche von Tochter Meike Schlecker. War es ein Dienstwagen? Ein Geschenk? Bei Familiengeschäften ist es oft schwierig, alles sauber abzugrenzen.
Der Versuch, einen Teil der Filialen als moderne Tante-Emma-Läden wiederzubeleben, scheiterte 2013.

https://youtu.be/Ds-YA-vRr5o

Ergänzende Hinweise:
 
§ 156 StGB (Falsche Versicherung an Eides Statt)
Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
  • 266 StGB (Untreue)

(1)      Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2)      § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

  • 283 StGB (Bankrott)

(1)      Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

  1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseiteschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
  2. in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
  1. entgegen dem Handelsrecht a) Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
  • 283a StGB (Besonders schwerer Fall des Bankrotts)

In besonders schweren Fällen des § 283 Abs. 1 bis 3 wird der Bankrott mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  • aus Gewinnsucht handelt.

17 PublG (Unrichtige Darstellung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) eines Unternehmens oder eines Mutterunternehmens, beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter,

  1. die Verhältnisse des Unternehmens im Jahresabschluß oder Lagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert,

[…]

  1. die Verhältnisse des Konzerns oder Teilkonzerns im Konzernabschluß, Konzernlagebericht, Teilkonzernabschluß oder Teilkonzernlagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert,
  • 18 PublG (Verletzung der Berichtspflicht)

(1)      Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Prüfer nach diesem Gesetz oder als Gehilfe eines solchen Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Bericht verschweigt.

(2)      Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

  • 15a InsO (Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit)

(1)      Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

[…]

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.

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20 KOMMENTARE

  1. Das war doch klar, hatt doch keiner was gemacht als es darum ging 25 tausend Mitarbeiter in die wuste zu schicken. Kein aufschtei SPD, CDU, Grune, usw, jetzt die Messer zu wetzen, bringt auch nichts mehr.Da werden sich ranghohe Mitarbeiter wohl mit die taschen voll gemacht haben.und 1 davon hatt jetzt den Mund aufgemacht, denk ich mal.

  2. die großen haben schon genug und bekommen Ihren Hals nicht voll dazu muß man nicht s sagen und solange die Politik wegschaut wird sich nicht s ändern einige von Ihnen hängen da vieleicht auch drin deshalb zahlen Sie Ihre Strafe und dann gehts weiter so.

  3. Offensichtlich das er das gemacht hat. Wie blind bzw.Blöde muss man sein das zu glauben mit seiner Insolvenz. Schau dir die raffgierige Allte an. Wenn die das Geld beiseite hat ist die eh weg und der allein. Verstand in die Hose gerutscht

  4. Solch tollen Arbeitgeber hatte ich 20 Jahre.Hoffe doch das die elendige Bande sowie Insolvenzverwalter ihre gerechte Strafe bekommen.Auch ich hab noch Geldforderungen an die Familie Schlecker die ich gut gebrauchen könnte.

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