Polen erlebte größte Demo seit Fall des Eisernen Vorhangs: für EU – gegen rechte Regierung

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So eine Demo hat Polen seit 27 Jahren nicht mehr erlebt. Fast eine Viertelmillion Menschen zogen letzten Samstag durch Warschau mit der Bitte an Brüssel: EU rette uns (Screenshot: ZDF heute)
So eine Demo hat Polen seit 27 Jahren nicht mehr erlebt. Fast eine Viertelmillion Menschen zogen letzten Samstag durch Warschau mit der Bitte an Brüssel: Europa verlass uns nicht (Screenshot: ZDF heute)

Seit Beginn der Demokratie im Jahr 1989 (Fall des Eisernen Vorhangs) hat Polen keine so große Massendemonstration mehr erlebt wie am Samstag. In Warschau gingen 240.000 Menschen auf die Straße, um für die EU und gegen die rechte Partei von Jaroslaw Kaczynski (66) zu demonstrieren. Das Demonstrations-Motto lautete: „Wir sind und bleiben in Europa“.

Letztes Jahr hat die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die absolute Mehrheit errungen und baut Polen, seine Medien und seine Gerichte jetzt in ihrem Sinne um. Die EU-Kommission eröffnete ein Prüfverfahren zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Immer mehr Polen befürchten, dass das ein Abschied Polens von Europa bedeuten könnte. Den wollen sie verhindern.

„Europa verlass uns nicht“ stand auf Transparenten. Der ehemalige Außenminister Grzegorz Schetyna, der auch Chef der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) ist, sagte: „Wir sind heute zusammen hier, um zu sagen, dass wir den Albtraum einer autoritären Regierung nicht zulassen. Wir stehen am Anfang eines langen Marsches.“

Dagegen zogen Ultranationalisten auf die Straße, unterstützt von der katholischen Kirche. Just, nachdem am Freitag erst der Papst zum Zusammenhalt Europas gemahnt hatte. Polen gilt als das katholischste Land des Kontints. Doch der Drang, sich vor Flüchtlingen und westlich-liberalem Ungemach abzuschotten, scheint stärker, als das Wort des Pontifex. Robert Winnicki, Vorsitzender der Nationalen Bewegung Polens: „Wir stehen für eine nationale und religiöse Identität. Wir sind das wahre Europa.“ Doch seine Anhänger sind an diesem Samstag klar in der Minderheit.

Die weitaus größere Demo sandte aus Warschau ein Zeichen für die EU. Angeführt aus einer breiten Koalition aus Bürgerrechtlern und allen demokratischen Oppositionsparteien von links bis konservativ. Kamila Gasiuk-Pihowicz, Opposititionspartei „Die Moderne“ Polen: „Wenn wir von der EU erwarten, dass sie unsere Freiheit garantiert, dann müssen wir sie stärken und nicht schwächen, wie das unsere Regierung tut.“

Jaroslaw Kaczynski (66). Seine Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit, deren Vorsitz er führt, herrscht seit einen Jahr mit absoluter Mehrheit und krempelt, Justiz, Medien und EU-Politik nach ihrem Dünken um (Foto: Wikipedia Silar Eigenes Werk)
Jaroslaw Kaczynski (66). Seine Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit), deren Vorsitz er führt, herrscht seit einen Jahr mit absoluter Mehrheit und krempelt, Justiz, Medien und EU-Politik nach ihrem Dünken um (Foto: Wikipedia Silar Eigenes Werk)

Der gescholtene Jaroslaw Kaczynski zog sich am Tag der Demo ins Internet zurück. Seine Regierung sei nicht gegen Europa, sagte Kaczynski im virtuellen Raum, wohl wissend, dass sein Land jedes Jahr Milliarden Euro aus Brüssel erhält. Doch Europas Lasten in der Flüchtlingsfrage mittragen, das will seine Regierung nicht.

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6 KOMMENTARE

  1. Ist irgendwie witzig zu fordern, dass man in Europa bleibt. Schliesslich gedenkt der Kontinent ja gerade nicht auseinanderzudriften.

    Der Wunsch, in der EU zu bleiben, ist aber wohl vor allem einer mangelhaften Information über die EU und deren Ziele geschuldet oder man ist einfach zu doof.

  2. Nach der Aufnahme von ein paar Hunderttausend Nordafrikanern, Afghanen und Kosovo-Albanern in Polen würden sich solche Demos in Wohlgefallen auflösen.

  3. Wir können den demonstrierenden Polen ja mal ein paar kriminelle Flüchtlinge abtreten, damit sie wissen wie es sich anfühlt im eigenen Land ein Fremder zu sein.

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