Lobbyisten-Treffen der Kanzlerin bleiben geheim

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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat eine Entscheidung der Vorinstanz zu Lobbyisten-Treffen gekippt. Die nicht-privaten Abendessen von Angela Merkel im Kanzleramt bleiben daher vorerst geheim.

Nach Auffassung ihrer Anwälte gehen Merkels Lobbyisten-Treffen im Kanzleramt die Öffentlichkeit nichts an. (Screenshot: YouTube)
Nach Auffassung ihrer Anwälte gehen Merkels Lobbyisten-Treffen im Kanzleramt die Öffentlichkeit nichts an. (Screenshot: YouTube)

Schon seit Mai 2015 bemüht sich abgeordnetenwatch.de, vom Bundeskanzleramt Informationen über nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin zu erhalten. Hintergrund war, dass Kanzlerin Angela Merkel ein Festmahl zum 60. Geburtstag von Josef Ackermann in der Regierungszentrale ausgerichtet hatte.

Zu der Feier für den früheren Deutsche-Bank-Chef im April 2008 waren zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Politik geladen. Mit der Recherche wollte abgeordnetenwatch.de herausfinden, ob die Kanzlerin auch für andere Interessenvertreter Festveranstaltungen ausgerichtet hat.

Bundesregierung verweigert Transparenz zu Lobbyisten-Treffen

Doch immer wieder lehnte das Bundeskanzleramt presserechtliche Auskunftsbegehren beziehungsweise Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz ab. Daher klagte abgeordnetenwatch.de am 21. November 2016 beim Berliner Verwaltungsgericht, um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch durchzusetzen.

Da mit einem rechtskräftigen Urteil vor der Bundestagswahl am 24. September nicht zu rechnen war, reichte abgeordnetenwatch.de am 8. Mai 2017 parallel eine Eilklage beim selben Gericht ein. Die Bürger hätten ein Anrecht zu erfahren, welche Interessenvertreter Angela Merkel zum Essen ins Kanzleramt einlädt. Zudem wird dies aus Steuergeldern bezahlt.

„Dass wir Informationen zu Abendessen der Bundeskanzlerin mit Lobbyisten erst einklagen müssen, ist ein Armutszeugnis“, schreibt abgeordnetenwatch.de. Und weiter:

Die jahrelange Transparenzverweigerung der Bundesregierung zeigt, wie dringend es ein verbindliches Lobbyregister braucht. Ein solches Register, in dem u.a. Kontakte zwischen Lobbyvertretern und Politikern veröffentlicht werden, wird im Deutschen Bundestag einzig von CDU und CSU abgelehnt.

Verwaltungsgericht gibt abgeordnetenwatch.de in allen Punkten Recht

Am 23. Juni 2017 gab das Berliner Verwaltungsgericht abgeordnetenwatch.de in allen Punkten Recht. Laut dem Eilbeschluss muss das Kanzleramt mitteilen, wann und aus welchem gesellschaftlichen Anlass nicht-private Abendessen der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt stattfanden, an denen auch Personen ohne politisches Amt oder Mandat teilnahmen.

Das Bundeskanzleramt hatte unter anderem behauptet, dass es bei dem Auskunftsbegehren um eine Ausforschung des innersten Bereiches der Willensbildung der Bundeskanzlerin gehe. Doch das Gericht stellte klar, dass die Bekanntgabe von Datum und Anlass der dienstlichen Abendessen im Bundeskanzleramt „nicht den exekutiven Kernbereich“ betreffe.

Ebenso wenig folgte das Gericht der Behauptung des Kanzleramtes, die Herausgabe der Informationen könne in Zukunft negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Bundeskanzlerin haben. In dem Gerichtsbeschluss heißt es:

Den Daten ließe sich weder entnehmen, wann sie [Bundeskanzlerin Angela Merkel] das Bundeskanzleramt an diesen Tagen von wo kommend betreten, noch wann sie es wohin gehend verlassen hat.

Auch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Gäste vermochte das Berliner Verwaltungsgericht nicht zu erkennen. Das Bundeskanzleramt, das von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs vertreten wird, legte daraufhin Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg weist Eilantrag zurück

Am 12. September hat nun das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat der Beschwerde des Bundeskanzleramtes stattgegeben und die Eilklage von abgeordnetenwatch.de zurückgewiesen. Die Frage, ob das Bundeskanzleramt die Informationen an abgeordnetenwatch.de herausgeben muss, wird nun erst im Hauptsacheverfahren geklärt.

„Jetzt mussten wir einen Rückschlag hinnehmen“, schreibt abgeordnetenwatch.de in einer Mitteilung. Das Oberverwaltungsgericht habe den Eilantrag auf Veröffentlichung der Lobbyabendessen noch vor der Bundestagswahl abgelehnt. Denn das Gericht wolle den Fall genauer prüfen.

Das bedeutet keinesfalls, dass wir vor Gericht unterliegen werden – das Hauptsacheverfahren läuft unvermindert weiter. Allerdings steht uns nun möglicherweise ein jahrelanger Rechtsstreit bevor.

Dass Wirtschaftsbosse hinter verschlossenen Türen bei Wohlfühlatmosphäre Einfluss auf unsere Politiker und sogar die Bundeskanzlerin nehmen können, ist brandgefährlich. Dass das Kanzleramt die Öffentlichkeit hier im Dunkeln lässt, ist skandalös.

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27 KOMMENTARE

  1. Wie lange braucht eigentlich der letzte Depp bis er begriffen hat, daß die Kanzlerdarstellerin eine Gefahr für die innere Sicherheit und den sozialen Frieden in Deutschland bedeutet?
    Hier kaufen die Plutokraten die für Ihre Großkonzerne genehme Politik. Das ist Korruption a la Deutschland, schön subtil.

  2. Das sind Vorgänge, wie sie in jeder guten Diktatur stattfinden. Merkel, Demokratie geht anders, das Volk ist der Souverän, und du bist seine oberste Vetreterin! Demokratie ist ein politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat. Deshalb hat das Volk ein unbedingtes Recht auf Transparenz bei allen Entscheidungen der von ihm gewählten Vertreter!

  3. Wenn Gesetze kommen zu gunsten der Lobby dann wissen sie mit wem sie gegessen hat.
    So war es mit der Rister Rente. Lobbys haben einen Angestellten in der Politik. So war es immer.

  4. Die ganzen wahlpropaganda einfach nur zum kotzen, was haben die parteispitzen eigentlich die letzten 4 Jahre geleistet? das sie jetzt alles verändern wollen? ?????Für wie blöd halten die uns eigentlich, Affentheater und das Volk wählt sie weiter, ich lach mich tot, blöd hat eben einen Namen.

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