„Der Irre vom Bosporus“: Sonneborn legt sich mit Erdogan an

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Der türkische Präsident Erdogan versuchte ein Konzertprojekt der Dresdner Sinfoniker zu zensieren und erntet dafür heftige Kritik aus dem EU-Parlament. (Screenshot: YouTube/extra 3)
Der türkische Präsident Erdogan versuchte ein Konzertprojekt der Dresdner Sinfoniker zu zensieren und erntet dafür heftige Kritik aus dem EU-Parlament. (Screenshot: YouTube/extra 3)

Martin Sonneborn, ehemaliger Chef-Redakteur der Satire-Zeitung „Titanic“ und Vorsitzender der Spaß-Partei „Die Partei“, sorgte mit einer Rede im EU-Parlament für Aufsehen. Darin legt sich Sonneborn öffentlich mit dem Präsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, an und nannte ihn den „Irren vom Bosporus“.

Sonneborn, der seit 2014 im EU-Parlament sitzt, kritisierte Erdogan für sein Vorgehen gegen die Dresdner Sinfoniker. Diese wollten mit ihrem Konzertprojekt „Aghet“ an den türkischen Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs erinnern. Das Ereignis gilt als erster systematischer Völkermord im 20. Jahrhundert, bei dem schätzungsweise 1,5 Millionen Armenier ihr Leben lassen mussten.

Erdogan wollte Dresdner Sinfoniker zensieren

Das Konzertprojekt „Aghet“ feierte im November 2015 in Berlin Premiere und soll auch in Istanbul aufgeführt werden. Doch in der Türkei ist es auch 100 Jahre danach noch ein politisch äußerst heißes Eises, den Völkermord an den Armeniern auch als solchen zu bezeichnen. Deshalb übte Erdogan politisch Druck auf die EU-Kommission aus, die den Dresdner Sinfonikern die Fördegelder in Höhe von 200.000 Euro streichen sollte, wenn diese ihr Kunstprojekt nicht zensieren.

„Sie wollten, dass niemand davon erfährt und dass die Begriffe Genozid und Völkermord getilgt werden“ sagte Intendant Markus Rindt gegenüber den Dresdner Neuesten Nachrichten. Doch eine derartige Selbstzensur kam für das Orchester nicht in Frage. „Man muss beim Namen nennen, was es war. Wir können nicht drumherum reden, dass es um Völkermord geht.“ Doch scheinbar knickte die EU-Kommission tatsächlich vor dem türkischen Präsidenten ein, wie zuvor schon Bundeskanzlerin Merkel in der Böhmermann-Affäre. Das brachte Martin Sonneborn nun dazu, Erdogan im EU-Parlament mit deutlichen Worten zu attackieren.

Sonneborn nennt Erdogan den „Irren vom Bosporus“

„Der Irre vom Bosporus, wie wir den Irren vom Bosporus, Erdogan, im EU-Parlament liebevoll nennen, hat wieder zugeschlagen. Diesmal hat er durch seinen Botschafter die EU-Kommission angewiesen, die Förderung für ein Konzertprojekt der Dresdner Sinfoniker einzustellen, das sich mit dem türkischen Genozid an den Armeniern beschäftigt. Die Kommission hat daraufhin das Orchester aufgefordert, entsprechende Textstellen abzumildern und das Wort ‚Genozid‘ zu vermeiden“, so Sonneborn in seiner Rede vor dem EU-Parlament.

Sonneborn trägt das Ganze mit ernster Miene vor, so dass der unerfahrene Zuschauer zunächst glaubt, er stehe auf der Seite des türkischen Präsidenten. Doch dann holt der Satiriker zum Rundumschlag gegen Erdogan aus. „Als Mitglied es Kulturausschusses möchte ich einen Vorschlag zur Güte machen: Ich empfehle den Dresdner Sinfonikern dringend, das Wort ‚Genozid‘ zu streichen und durch das Wort ‚Völkermord‘ zu ersetzen. Ich bin Deutscher und mit Völkermord kennen wir uns aus. Allerdings konstatiere ich mit einer gewissen Verblüffung, dass uns die Türkei hier allmählich den Rang abläuft.“

Schließlich warnt der Partei-Vorsitzende die türkische Regierung mit Blick auf die Lage der Kurden davor, hundert Jahre nach dem Genozid an den Armeniern einen weiteren Völkermord zu begehen. Andernfalls müsse man in der EU darüber nachdenken, die „Drecksarbeit mit unseren Flüchtlingen jemand anderem zu übertragen“. Sonneborn schließt süffisant mit den Worten: „Nichts für ungut: derzeit keine Türkei-Urlaube geplant.“

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9 KOMMENTARE

  1. Man darf nicht vergessen das viele Bürger der Türkei das gleich mitmachen müssen wie wir ! Da lieben auch nicht alle Erdogan ! Der hat seine Anhänger im Palast und eben auch aus dem volk wie bei uns ! Hier ist schon Diktatur und die Menschenrechte werden uns allen genommen ! Diese Menschen sind bereit Millionen unschuldige Menschen zu töten! Damit meine ich auch Merkel

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