Trauer um Berliner Götz George: Ich habe die Stadt nie verlassen

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Götz George (77) starb am 19. Juni 2016 an Krebs und wurde in Hamburg ohne Presserummel beigesetzt (Screenshot: ARD-Tagesschau)
Götz George (77) starb am 19. Juni 2016 an Krebs und wurde in Hamburg ohne Presserummel beigesetzt (Screenshot: ARD-Tagesschau)

Der aus Berlin Zehlendorf stammende Schauspieler Götz George, der als Duisburger Ruhrpott-Tatortkommissar Horst Schimanski Kultstatus erreicht hat und in den letzten Jahren oft zwischen seiner Dauerheimat Berlin, seiner Ehefrau in Hamburg und seiner Wahlheimat Sardinien pendelte, starb am 19. Juni 2016 an einer Krebserkrankung in Hamburg und wurde im engsten Kreise ohne Presserummel in der Hansestadt beigesetzt, gab seine Agentin nun bekannt.

Die ARD wird seinen letzten Film, für den er 2015 vor der Kamera stand, am 3. Oktober 2016 erstmals ausstrahlen. Er ist ein Krimi und heißt „Böse Wetter“. George spielt darin einen Bergbau-Baron mit dunkler Vergangenheit.

Über Berlin: „Ich habe die Stadt nie verlassen.“

Götz George sagte vor 15 Jahren über Berlin bei einer seiner seltenen öffentlichen Auftritte in seiner Heimatstadt Berlin in ein rbb-Mikrofon: „Berlin ist toll. Ich bin 62 Jahre. 62 Jahre habe ich in dieser Stadt gelebt, bin hier geboren. Und hab mich mit ihr rumgestritten. Und kenne alles. Und ich habe die Stadt nie verlassen.“

Der Schauspieler lebte, wenn in Berlin, in der Terrassenstraße am Schlachtensee in Zehlendorf, wo ihn die Nachbarn gelegentlich abtauchen sahen.

Mit Schwimmflossen in den Schlachtensee

Damen aus der Nachbarschaft erinnern sich, dass Götz nicht in Badehose in den Schlachtensee sprang, sondern recht auffallend im Neoprenanzug mit Taucherflossen über die Terrassenstraße zum See spazierte, um hinein zu springen, und auf dem Weg dahin mit den Damen gern noch ein Schwätzchen hielt. In den letzten Jahren aber gar nicht mehr, da haben ihn die Nachbarn vermisst.

Geboren wurde Götz George am 23. Juli 1938 als Sohn des Berliner Schauspielerehpaares  Heinrich George und Berta Drews. Heinrich George stand als Intendant des Schiller-Theaters den Nazis nahe, kam nach dem Krieg in sowjetischer Gefangenschaft ums Leben. Das Ende der Kindheit von Götz, der sich gern an sein Elternhaus erinnerte. Götz George: „Denn es war ja ein offenes Haus.“ Künstler gingen ein und aus.

Die Familie lebte in der Bismarckstraße in Wannsee. Detlef Damm, ein Spiel- und Klassenkamerad von Götz, sagte rbb-Reporter Ulli Zelle: „Wie wir so unter Jungs sind. Da hats mal Streitigkeiten gegeben. Da haben wir uns mal ein bisschen gezofft, ein bisschen geprügelt und so. Und er hat natürlich auch ein paar Sachen eingesteckt“

Denn George galt als zurückhaltend. Noch keine Spur von Schimanski. Als Jugendlicher stand er mit Romy Schneider erstmals vor der Kamera. Später wurde Götz George in der Karl-May-Verfilmung „Der Schatz im Silbersee“ zum Teeni-Star. Dort macht er alle seine Stunts selbst. In den 60er Jahren spielte er im Film von Atze Brauner „Wildwest in Haselhorst“. Die jungen Wilden des deutschen Films wie Rainer Maria Fassbinder konnten mit ihm wenig anfangen. Er aber auch nicht mit. Götz George: „Ich bin alter Berliner. Und ich stehe dazu. Aber, was hier läuft, läuft nicht.“

Was lief, war das Fernsehen. In den 80er Jahren war George eigentlich Schimanski. Der Ruhrpottkommissar wurde eine Marke für den deutschen Nachkriegskrimi: „Ich ziehe dir deine Eier bis über die Ohren.“ Oder: „Ich habe Scheiße gebaut.“ Bis zum Abwinken. Als Tatortkommissar Schimi stand Götz George binnen 32 Jahren insgesamt in 48 Folgen vor der Kamera. Götz George: „Es nervt einen auf die Dauer.“

Aber er konnte auch anders. Grandios in „Der Totmacher“. Eine seiner berühmtesten Kinorollen hatte George als homosexueller Massenmörder Fritz Haarmann in „Der Totmacher“ von 1995.

In Satiren wie „Schtonk!“ oder „Rossini“ zeigte George sein komödiantisches Talent.

Götz George: „Um so älter, um so bekannter du bist, um so mehr erwarten sie von dir. Dieser Druck lässt ja nicht nach, der verstärkt sich.“

Götz George war sein Beruf das Wichtigste

Der Erwartungsdruck wuchs, um so älter Götz George wurde. Er tankte Kraft auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien (Screenshot: ARD-Tagesschau)
Der Erwartungsdruck wuchs, um so älter Götz George wurde. Er tankte Kraft auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien (Screenshot: ARD-Tagesschau)

Götz George: „Darüber habe ich ganz viele Dinge vergessen. Freundschaften zu pflegen. Eine wirklich intakte Familie aufzubauen. Der Beruf war so wichtig für mich. Und auch so spannungsgeladen, dass ich da schon Einbußen hab machen müssen.“

Die nötige Kraft tankte er auf der italienischen Insel Sardinien im Mittelmeer, seiner zweiten Heimat. Laut Götz George, das Bestmögliche, was ihm in seinem Leben passiert ist.

2007 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Fernsehpreis geehrt. Sechs Jahre später spielte er im TV-Drama „George“ seinen eigenen Vater Heinrich, der wegen seiner Schauspieler-Karriere in der Nazi-Zeit umstritten war.

Götz George: „Mit dem bin ich halt verwachsen. Und merke, um so älter ich werde, dass da gewisse Gene vererbt sind, wo ich merke: Ach, das ist ja komisch. Das hätte dein Vater ähnlich so gespielt.“

Götz George war verheiratet in Hamburg, lebte aber sehr zurückgezogen. Die Erkenntnis eines Publikumslieblings: „Dass ich eigentlich ein Einzelgänger bin und nicht mehr kommunizieren will. Weil ich wahrscheinlich mein ganzes Leben lang, so kann ich es nur erklären, permanent kommunizieren musste.“

Jetzt ist der letzte Vorhang gefallen. Götz George starb vor anderthalb Wochen in Hamburg, wurde dort beigesetzt. Ohne Presse. Ohne sein Publikum. Aber, so Ulli Zelle in seinem Nachruf: „Den Applaus hat er sich über den Tod hinaus verdient.“

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