Prozess gegen falschen Berliner Narkosearzt Denny H. (41)

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Zum Glück gibt es auf Kreuzfahrtschiffen immer zwei Ärzte an Bord. Ein Jahr lang hatte der Berliner Krankenpfleger Denny H. (41) auf einem AIDA-Schiff Urlauber und Personal ärztlich behandelt. Erst als er einen neuen Arztausweis bei der Berliner Ärztekammer beantragte, flog der Schwindel auf. Am 4. Dezember 2015 wurde er auf dem Flughafen Tegel verhaftet. Am 14. Juli 2016 beginnt vor dem Berliner Prozess gegen Denny H. wegen Missbrauchs von Titeln (Foto: youtube/AIDA-Hospital)
Zum Glück gibt es auf Kreuzfahrtschiffen immer zwei Ärzte an Bord. Anderthalb Jahre lang hatte der Berliner Krankenpfleger Denny H. (41) auf einem AIDA-Schiff Urlauber und Personal ärztlich behandelt. Erst als er einen neuen Arztausweis bei der Berliner Ärztekammer beantragte, flog der Schwindel auf. Am 4. Dezember 2015 wurde er auf dem Flughafen Tegel verhaftet. Am 14. Juli 2016 beginnt vor dem Berliner Landgericht der Prozess gegen Denny H. wegen Missbrauchs von Titeln (Foto: youtube/AIDA-Hospital)

Nächsten Donnerstag (14. Juli 2016) beginnt gegen den Kreuzberger Krankenpfleger Denny H. (41) um 9:30 Uhr im Saal 537 vor der 11. Strafkammer des Berliner Landgerichts der Prozess wegen Missbrauchs von Titeln.

Mit einem falschen Familiennamen und einer gefälschten Approbation kam der einstige Krankenpfleger aus der Intensivstation des Johanniter Krankenhauses Stendal im September 2010 aus Sachsen-Anhalt nach Berlin und fing hier ein neues Leben als Arzt an.

So einen Fall hatte die Berliner Ärztekammer nach eigenen Worten noch nie. Fünf Jahre lang arbeitete der Berliner Krankenpfleger Denny H. (41) aus Kreuzberg bis Ende Oktober 2015 als falscher Arzt. Unter anderem für die Deutsche Stiftung für Organtransplantation aus Frankfurt am Main mit Sitz in der Straße des 17. Juni 106 in Berlin-Charlottenburg,  hielt im Jahr 2012 als Vertreter der renommierten Medizin-Stiftung Fachvorträge an der Berliner Charité zum Thema Organtransplantation. Als Anästhesist soll Denny H. bei Organentnahmen mitgewirkt haben. An einer Tagesklinik war er ebenfalls für die Betäubung der Patienten zuständig. Zuletzt  praktizierte Denny H. anderthalb Jahre als Schiffsarzt auf einem Kreuzfahrtschiff der Rostocker „AIDA“-Flotte, wofür ihn die Reederei mit monatlich 7.500 Euro entlohnte.

Die Ärztekammer deckte den Betrug durch Zufall auf

Der Hochstapler wäre vermutlich nie aufgeflogen – wenn ihm sein eigener Ehrgeiz nicht in die Quere gekommen wäre. Im Oktober 2014 wurde Denny H. ein zweites Mal bei der Ärztekammer Berlin vorstellig. „Er beantragte einen neuen Ausweis und gab an, den alten verloren zu haben“, sagte Sascha Rudat, Sprecher der Ärztekammer, dem Tagesspiegel. Mit der Ausstellung des neuen Ausweises habe er einen zweiten Vornamen und einen Doktortitel in den Ausweis eintragen lassen wollen. „Wir haben daraufhin Unterlagen angefordert, um seine Identität und seine Qualifikation zu überprüfen“, sagte Rudat. Denny H. lieferte im Frühjahr 2015 Kopien der Dokumente.

„Zunächst war nicht ersichtlich, dass das Fälschungen waren“, so der Sprecher der Ärztekammer. Bei der Ausstellung des ersten Arztausweises sei das niemandem aufgefallen. Erst bei der zweiten, eingehenden Prüfung der Dokumente seien „Abweichungen“ festgestellt worden, die die Juristen der zuständigen Fachabteilung hellhörig machten. „Er reichte zwei verschiedene Kopien seiner Eheurkunde ein, die nicht übereinstimmten“, so Rudat.

Der Sprecher: „Alles war komplett gefälscht“

Außerdem habe H. die Kopie einer Promotionsurkunde der Universität Magdeburg vorgelegt, die von der Charité beglaubigt worden war. An der medizinischen Fakultät in Magdeburg hatte man aber noch nie von einem Doktor namens Denny H. gehört. Eine weitere Nachfrage beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt habe dann ergeben, dass der Mann nie als Arzt zugelassen worden sei.

Am 1. Juli 2015 stellte die Ärztekammer Strafanzeige. Polizei und Staatsanwaltschaft schalteten sich ein. Doch da schipperte der Denny H. noch als Narkosearzt auf einem AIDA-Schiff über den Atlantik, was die Kammer nicht wusste.

Erst 5 Monate später wurde Denny H. geschnappt.

Als er am Freitag, dem 4. Dezember 2015, mit einem Flieger aus Miami (Florida) zum Heimaturlaub in Tegel landete, nahmen Bundespolizisten den inzwischen zur Fahndung ausgeschriebenen Berliner bei der Einreise fest, wie Berlin Journal berichtete. Seine Freundin wartete vergeblich am Gate auf ihren Liebsten. Denny H. wurde zum Richter gefahren, wo ihm Haftbefehl wegen Betruges, Urkundenfälschung und Missbrauchs von Titeln verkündet wurde. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft in Moabit.

Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft Denny H. nun vor:

„Der Angeklagte soll seit dem Jahr 2010 unter anderem eine gefälschte Approbationsurkunde sowie eine unrichtige Urkunde über die Verleihung des ‚Dr. med.‘-Titels gebraucht haben und sich somit durch Vortäuschen seiner Befähigung die Mitgliedschaft in der Berliner Ärztekammer sowie verschiedene Anstellungen als Arzt erschlichen haben.

Durch Vorlage der gefälschten Dokumente soll der Angeklagte zum Beispiel im September 2010 als ärztlicher Koordinator einer Gesellschaft für Organtransplantation eingestellt worden sein und ein entsprechendes Gehalt bezogen haben. In neun Fällen habe er in der Zeit von Februar bis Oktober 2013 bei Organentnahmen die Rolle des Anästhesisten übernommen, obwohl er die Befähigung zur Ausübung des Arztberufes nicht besessen habe. Auch eine Dozententätigkeit an einer renommierten Gesundheitsakademie habe er trotz mangelnder Qualifikation ausgeübt.

Zum 1. April 2014 habe der Angeklagte schließlich als Schiffsarzt auf einem großen Kreuzfahrtschiff angeheuert. Bis November 2015 habe er dort unter anderem 21 Passagiere behandelt, wobei er Spritzen, Nadeln und Infusionen verwendet habe.

Angeklagt sind insgesamt 81 Fälle des Betruges, der Urkundenfälschung, der unbefugten Führung eines akademischen Grades und der Berufsbezeichnung Arzt sowie der gefährlichen Körperverletzung.“

„Während seiner Zeit auf der AIDA – von April 2014 bis Oktober 2015 – gab er einer Patientin eine antibiotische Infusion, obwohl die Frau kein Penicillin verträgt“, sagte Justizsprecherin Lisa Jani dem Tagesspiegel. Die Patientin habe in der Folge einen Kreislaufzusammenbruch erlitten.

„Der Angeschuldigte schweigt sich bislang zu den Vorwürfen aus“, sagte die Berliner Justizsprecherin. Das Landgericht Berlin hat acht Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird am 8. August 2016 erwartet.

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2 KOMMENTARE

  1. Ich frage mich, wie so ein Schauspieler diese Stelle bekommen hat? Was sind diejenigen, die solche Leute einstellen nur für Flachzangen. Die können im Gericht gleich mit auf die Bank.

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