Geplatzte BER-Eröffnung: airberlin bekam 2 Millionen Euro, 5 Firmen klagen noch

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airberlin erhielt wegen der geplatzten BER-Eröffnung eine Entschädigung von 2 Millionen Euro - auf 48 Millionen Euro hatte airberlin geklagt (Foto: FBB GmbH)
airberlin erhielt wegen der geplatzten BER-Eröffnung eine Entschädigung von 2 Millionen Euro – auf 48 Millionen Euro hatte airberlin vergeblich geklagt (Foto: FBB GmbH)

Die Berliner Fluggesellschaft airberlin hatte wohl Glück, dass ihr Ex-Boss Hartmut Mehdorn (73, leitete airberlin von September 2011 bis Januar 2013) gleich im Anschluss Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH wurde (von März 2013 bis Mai 2015).

Weil der Eröffnungstermin des neuen Großflughafens Berlin Brandenburg BER in Schönefeld (Landkreis Dahme-Spreewald) im Juni 2010 geplatzt war und nun auf die 2. Jahreshälfte 2017 verschoben wurde, hatte airberlin die FBB GmbH bereits im Mai 2012 (also noch unter Mehdorn) auf 48 Millionen Euro Schadensersatz verklagt – aber vor Gericht wenig Chancen gehabt und die Klage wieder zurückgezogen.

Beim ersten Verhandlungstermin hatte der Vorsitzende Richter der 4. Zivilkammer am Landgericht, Lothar Kühn, der Klage nur geringe Chancen eingeräumt. Der Richter erklärte damals, dass zwischen der airberlin und der Flughafengesellschaft noch kein Vertrag, sondern bestenfalls ein Vorvertrag zustande gekommen war: Der Flughafen habe noch nicht existiert, er hatte keine Betriebsgenehmigung, der Bau sei nicht abgenommen gewesen.

Falls es einen solchen Vorvertrag gegeben habe, könne die airberlin möglicherweise einen „Vertrauensschaden“ geltend machen: Die Flughafengesellschaft hätte in einem solchen Fall, so Kühn, die airberlin warnen müssen. Ein Schadenersatz in Höhe von 48 Millionen Euro sei jedenfalls nicht möglich.

Im Juni 2014 stimmte Mehdorn als FBB-Chef einer Vergleichszahlung von 2 Millionen Euro an airberlin zu.

Doch airberlin ist nicht der einzige Kläger, 5 weiter Firmen haben Klagen eingereicht.

Wie nun der 37prozentige Miteigentümer an der FBB GmbH, das Land Brandenburg, mitteilte (die anderen 37 Prozent hält Berlin, die restlichen 26 Prozent die Bundesrepublik), haben bis Ende letzten Jahres noch 5 weitere Firmen Schadensersatzklagen eingereicht. Welche, wurde nicht bekanntgegeben.

Die zehnjährige Verjährung seit Baubeginn des BER am 5. September 2006 endet in diesem Jahr.

Ob die Klagen vor Gericht Erfolg haben werden, ist noch ungewiss. Laut dem Sprecher des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, hätten die meisten Einzelhändler auf juristischem Wege keinen Anspruch auf Schadenersatz – weil in vielen Verträgen gar kein fester Eröffnungstermin eingetragen war.

Die Flughafengesellschaft zeigte sich laut Handelsverband in vielen Fällen jedoch kulant, indem sie Ersatzflächen in Tegel zur Verfügung stellte oder Kautionen zurückzahlte.

Nach Auskunft von Staatssekretär Rudolf Zeeb (56, SPD, Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg in Potsdam) auf die parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Frank Bommert an den brandenburgischen Landtag vom 15. Januar 2016 hat die FBB GmbH mit insgesamt „79 Unternehmen Verträge über Einzelhandel, Gastronomie, Automatenbetrieb, Autovermietung, Parkraumbewirtschaftung und sonstige Dienstleistungen sowie Werbestandorte am BER abgeschlossen. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Unternehmen betroffen sind.“

Insgesamt haben sich laut Zeeb 11 Unternehmen mit der Bitte um Unterstützung an das brandenburgische Wirtschaftsministerium MWE gewandt. Mit der Mehrheit der betroffenen Firmen hat der Flughafen nach Angaben des Wirtschaftsministeriums vom Vorjahr Ersatzlösungen gefunden. So seien Mietflächen am Flughafen Tegel geschaffen worden oder Vertragslaufzeiten geändert worden.

Abgeordneter Bommert wollte weiter wissen: „Wie wird mit den bereits abgeschlossenen Mietverträgen umgegangen? Haben diese Bestand? Wenn ja, zu welchen Konditionen?“

Staatskanzleichef Zeeb antwortete: „Nach Auskunft der FBB gelten die Mietverträge weiterhin zu denselben Konditionen, wie vereinbart.“

Platzeck im Kreuzverhör vor BER-Ausschuss

Darüber hinaus soll Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) vor dem BER-Ausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses aussagen, schrieb gestern die Märkische Allgemeine Zeitung aus Potsdam. Am 12. Februar 2016 wird er als Zeuge auftreten.

Der SPD-Politiker war viele Jahre stellvertretender Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, einige Monate lang auch Chef des Gremiums. Ein Gutachten des Brandenburger Landesrechnungshofs, das bislang unter Verschluss war, wirft dem Aufsichtsrat erhebliche Versäumnisse bei der Überwachung des Flughafenbaus vor. Der BER sei im Mai 2012 erst zu rund 56 Prozent einsatzbereit gewesen, heißt es in der Expertise.

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