Die Lachnummern des BER

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Seit 2006 wird am Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt gebaut, der erste Eröffnungstermin war für Juni 2010 geplant, der neue Termin ist das 2. Halbjahr 2017. (Foto: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)
Seit 5. September 2006 wird am Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt gebaut, der erste Eröffnungstermin war für Juni 2010 geplant, der neue Termin ist das 2. Halbjahr 2017. (Foto: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)

Die meisten Pannen beim Bau des neuen Großflughafens BER Berlin Brandenburg Willy Brandt in Schönefeld waren eher nicht zum Lachen. Wie die neueste, bei der nun an 600 Brandschutzwänden nachträglich teilweise Stützen eingebaut oder die Wände verstärkt werden müssen. Vielleicht kann man in diesem Fall über die Wortwahl von Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, dem Nachfolger von Hartmut Mehdorn,  schmunzeln, der das Dilemma damit beschrieb, dass  „noch brandschutztechnische Ertüchtigungen durchgeführt werden müssen.“

Ertüchtigungen erinnern an Sport. Sportlich ambitioniert hält Mühlenfeld auch weiter am Eröffnungstermin im 2. Halbjahr 2017 fest, auch wenn Mühlenfeld nicht ausschließen will, „dass wir auch künftig auf Vorgänge aus der Vergangenheit stoßen, die auf den ersten Blick unfassbar erscheinen.“

Brandschutz darf juristisch gesehen jeder Bäcker entwerfen.

Unfassbar, aber doch wenigstens zum Schmunzeln, war die Vorschriftsposse, die Klaus Wowereit und Matthias Platzek als Begründung ins Feld führten, wie eine fehlerhafte Brandschutzanlage überhaupt genehmigt werden konnte, die den Eröffnungstermin platzen ließ. Die beiden damaligen Flughafenchefs gaben an, dass eine Brandschutzanlage gar nicht genehmigungsfähig sei, weil eine Brandschutzanlage nicht zwingend von Ingenieuren entworfen werden muss. Eine Gesetzeslücke im Baurecht. So kam es, dass nur ein technischer Zeichner ohne Hochschulabschluß namens  Alfredo di Mauro maßgeblich an der Planung der Entrauchungsanlage 14 im Flughafen BER beteiligt war – einem Herzstück der Brandschutztechnik, das  nicht richtig funktionierte.

Keiner hatte Einfluss auf die Beleuchtung bei Nacht.

Im Februar 2013 leuchteten jede Nacht alle Lampen auf allen 300.000 Quadratmetern des Flughafengeländes.  In einer ersten Erklärung hieß es: Das teure Licht würde von den Sicherheitsleuten und den Reinigungskräften benötigt. Doch dann gab der damalige Baugeschäftsführer Horst Amann vor Kaufleuten und Industriellen unter Gelächter zu: „Auch das hat damit zu tun, dass wir mit der Leittechnik nicht so weit sind, dass wir es steuern können.“

Rolltreppen wurden vier Treppenstufen zu kurz bestellt und geliefert.

Fünf Monate später stellte sich heraus, dass man viel zu kurze Rolltreppen geordert hatte. Neue zu bestellen, wäre zu teuer gekommen. So dürfen sich die künftigen Reisenden nicht über den Umstand wundern, dass sie nach dem Herunterfahren nicht direkt auf der neuen Ebene ankommen, sondern erst noch vier Betontreppenstufen steigen müssen, die man im Nachhinein dazuplante.

Geheime BER-Dokumente am Straßenrand am Bahnhof Ostkreuz.

Am Montag, dem 23. Juni 2015, entdeckten Bürger unweit des Ostkreuzes am Straßenrand zwei Container voll mit Aktenordnern zum Flughafen BER, darin technische Pläne von Sprinkleranlagen oder Fahrtreppen im Fluggastterminal, frei zugänglich für jeden Passanten. Bis heute weiß keiner oder will keiner wissen, wie die Akten dorthin auf den Gehweg vor dem Parkhaus des Victoria Centers an der Marktstraße/Schreiberhauer Straße gelangen konnten und wieso die Akten überhaupt entsorgt wurden.

Es gab Räume ohne Nummern.

Auf keinen Fall darf es auf einem Flughafen einen Raum ohne Nummer geben. Denn alle Fenster werden von der Gebäudetechnik in jedem Raum einzeln gesteuert. Auch die Feuerwehr muss wissen, zu welchem Raum sie konkret im Brandfall muss. Darüber muss es einen konkreten Plan geben.

Das war aber im Jahr 2013 nicht mehr möglich. Durch die Vergrößerung des Flughafens entstanden auch mehr Räume, jedoch war das ursprüngliche System für die Bezifferung nicht dafür ausgelegt, erweitert zu werden. Lediglich die ursprünglich geplante Anzahl an Räumen konnte beziffert werden. Dieses scheinbar banale Problem konnte erst nach zwei Jahren Arbeit gelöst werden.

Ventilatoren zu schwer.

Am 21. September 2015 musste, wie Berlin Journal berichtete, das Hauptterminal wegen Einsturzgefahr gesperrt werden, weil die fünf großen Rauchgasventilatoren, sie wiegen 4061 Kilogramm, für die stählernen Arbeitsbühnen unter dem Terminaldach zu schwer sind. Mittlerweile stellte sich heraus, dass die Bühnen auch für die kleineren Ventilatoren, die 2331 Kilogramm wiegen, ebenfalls zu schwach sind.

Verstärkungen sind geplant, Ventilatoren werden angegurtet, hieß es. Allerdings dürften diese Geräte vorerst nicht betrieben werden. Mittlerweile nähern sich die Kostenschätzungen der Sechs-Milliarden-Euro-Grenze.

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2 KOMMENTARE

  1. Anfangs galt es als Satire, als es hieß: „Besser sprengen“. Jetzt sollen auch noch Duzende Brandschutzwände abgerissen werden.

    Naja, der Kölner Dom hat auch ein paar Hundert Jahre Bauzeit gebraucht und ist ein echtes Wahrzeichen geworden… Und eine Dauerbaustelle.

    Bauen und Berlin: Eine einzigartige Liebesgeschichte! 🙂

  2. Ich fasse meine Top 3 zusammen:

    #1
    „So kam es, dass nur ein technischer Zeichner ohne Hochschulabschluß namens Alfredo di Mauro maßgeblich an der Planung der Entrauchungsanlage 14 im Flughafen BER beteiligt war“

    #2
    „Auch das hat damit zu tun, dass wir mit der Leittechnik nicht so weit sind, dass wir es steuern können.“

    #3
    „Rolltreppen wurden vier Treppenstufen zu kurz bestellt und geliefert.“

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