Freihandelsabkommen CETA: Heute ein JA im Bundestag?

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9.000 Menschen zogen nach Angaben der Polizei am Mittwoch durch das Europaviertel in Brüssel. Euronews-Korrespondentin Efi Koutsokosta berichtete: "In einigen EU Ländern wird der Widerstand gegen TTIP und CETA größer. Sieben von zehn Franzosen halten die Abkommen für gefährlich. Während nach Angaben der EU-Kommission in Österreich nur noch 20 Prozent und in Deutschland nur 26 Prozent der Befragten den Abkommen zustimmen." (Screenshot: euronews)
9.000 Menschen zogen nach Angaben der Polizei am Mittwoch durch das Europaviertel in Brüssel. Euronews-Korrespondentin Efi Koutsokosta berichtete: „In einigen EU-Ländern wird der Widerstand gegen TTIP und CETA größer. Sieben von zehn Franzosen halten die Abkommen für gefährlich. Während nach Angaben der EU-Kommission in Österreich nur noch 20 Prozent und in Deutschland nur 26 Prozent der Befragten den Abkommen zustimmen.“ (Screenshot: euronews)

Sieben von zehn Franzosen halten CETA und TTIP für gefährlich. Laut EU-Kommission stimmen in Österreich nur noch 20 Prozent, in Deutschland nur noch 26 Prozent der Befragten zu, meldete euronews gestern von einer Großdemo in Brüssel mit 9.000 Teilnehmern gegen CETA und TTIP. Heute berät der Bundestag über CETA.

Das Freihandelsabkommen CETA der EU mit Kanada war vor drei Jahren die Blaupause für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA, dass Bundesvizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in einer Art ZICK-ZACK-Kurst erst vorantrieb und schließlich für gescheitert erklärte. Am Montag dieser Woche rang der SPD-Chef Gabriel auf einem Sonderkonvent seinen Genossen eine Zwei-Drittel-Mehrheit für CETA ab, weil die neue kanadische Regierung das alte Paket noch einmal zum Ärger der USA geöffnet habe und im Sinne der EU nachgebessert habe. Man verspreche sich durch CETA eine Steigerung des Handels um 23 Prozent und ein Wegfall der Zölle um 99 Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihm vor dem Konvent viel Glück gewünscht, erkläre Gabriel. Am Mittwoch einigten sich die Spitzen von CDU und SPD auf einen gemeinsamen Antrag, der heute im Bundestag verabschiedet werden soll. Dabei werden zwar Nachbesserungen in den Verhandlungen gefordert, aber das Vertragswerk solle nicht durchbohrt werden, sondern nur mit verbindlichen Erklärungen ergänzt werden.

Unter anderem sollen die Vertragsparteien „unbestimmmte Rechtsbegriffe“ bei der Gründung eines internationalen Handelsgerichtshofes klären, der bei Investitionsstreitfragen entscheiden soll. Auch müsse noch einmal nachdrücklich festgehalten werden, dass Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa die Wasserversorgung, nicht auf Druck der Industrie liberalisiert werden dürfen. Auch die Rekommunalisierung etwa der Wasser- und Stromversorgung muss weiterhin möglich bleiben.

In dem Koalitionsantrag zu CETA sprechen sich Union und SPD dafür aus, das in der EU geltende Vorsorgeprinzip bei der Zulassung von Produkten in einer Zusatzerklärung im Vertrag wörtlich zu erwähnen und damit rechtsverbindlich zu verankern. Auch solle die Bundesregierung sicherstellen, dass der Vertrag nicht schon nach der Zustimmung des EU-Parlaments vorläufig in Kraft tritt, bis die nationalen Parlamente darüber abgestimmt haben. Stattdessen sollen „Ausnahmen von der vorläufigen Anwendung vereinbart“ werden, heißt es in dem Antrag. Zu diesen Ausnahmen soll insbesondere das Kapitel zum Investorenschutz zählen, in dem der umstrittene Handelsgerichtshof geregelt ist.

Die ehemalige Bundesjustizministerin und SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin plädiert dafür, CETA zur Neuverhandlung an die EU-Kommission zurückzuverweisen, berichtete Frontal21.

Verwässerung von EU-Standards

So sehen es auch viele kleine und mittelständische Unternehmer, denen das Abkommen angeblich Vorteile bringen sollte. Martina Römmelt-Fella vom Maschinenbauer Fella ist für den Freihandel. Doch der Abbau von Zöllen spiele beim Handel mit Kanada kaum eine Rolle. Und statt Produktionstandards wie in der EU anzupassen, müsse man sich weiterhin am Normen-Wirrwarr jenseits des Atlantik orientieren. Auch der badische Bierbrauer Gottfried Härle befürchtet eine Verwässerung von EU-Standards und eine „große Verbrauchertäuschung“. Unter irreführenden Labels wie „bavarian beer“ könnte gentechnisch verändertes Bier auf den EU-Markt gelangen, aber auch biotechnologisch veränderte Milch oder Getreideprodukte.

Zudem wirbt Sigmar Gabriel damit, dass strittige Bereiche wie die öffentliche Daseinsvorsorge nun aus CETA heraus seien. Das kann Wolfgang Deinlein von den Stadtwerken Karlsruhe nicht erkennen. Der vorliegende Text berge zahllose Unsicherheiten und Lücken. Denn nach dem erstmals so angewendeten Prinzip werde schlicht alles liberalisiert und dem Zugriff ausländischer Unternehmen ausgesetzt, was nicht auf einer „Negativliste“ ausdrücklich ausgenommen ist. „Das ist, als ob Sie in den Supermarkt gehen, und alles kaufen müssen, bis auf das, was auf Ihrer Liste steht – auch alles, was in Zukunft dort herein kommt.“

Am Samstag demonstrierte in Berlin, Stuttgart und Köln ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen die Freihandelsabkommen CETA und TTIP.

Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sehen in CETA und TTIP mehr Risiken als Chancen.

Frank Immendorf, Geschäftsführer Egovision GmbH, sagte als Redner in Köln: „Der Kern beim Investorenschutz im Rahmen von CETA und TTIP ist nicht der Schutz von getätigten Investitionen, sondern die Möglichkeit, für nicht getätigte Investitionen den entgangenen Gewinn einzufordern. Damit wird die Orientierung am Gemeinwohl aufgegeben, zugunsten einer Rechtsauffassung, die sich an privaten Gewinnen misst.“

Gottfried Härle, Inhaber Brauerei Clemens Härle, sagte als Redner in Stuttgart: „Wir setzen als Brauerei in vierter Generation auf vertrauensvolle Lieferbeziehungen zu Bauern aus der Region – und auf gentechnikfreie Rohstoffe für unser Bier. TTIP und CETA hätten fatale Auswirkungen auf unsere langjährigen Lieferanten – es ist zu befürchten, dass das regionale und gentechnikfreie Sourcing damit nicht mehr umzusetzen wäre. Zudem dürften die Kanadier mit CETA zwar kein Bayerisches Bier brauen – dafür aber Bavarian Beer oder Bières Bavaroise. Das werden wir nicht hinnehmen.“

Axel Kaiser, Geschäftsführer Denttabs, sagte als Podiumsredner in Berlin: „In kosmetischen Produkten sind in Amerika genau 11 Substanzen verboten, in Europa sind es 1.300. Mit TTIP und CETA besteht die Gefahr, dass die bisher erlaubte Zahl an Inhaltsstoffen weiter aufgeweicht wird. Das ist für ein qualitätsorientiertes Unternehmen wie uns ein krasser und unfairer Wettbewerbsnachteil.“

Kritiker: Chance vertan

Doch für Gabriel ist CETA dennoch weit gelungener als das TTIP-Freihandelskommen zwischen den USA und der EU. Seine Kritiker dagegen können ihm nicht folgen und sprechen von einer vertanen Chance: Die SPD hätte mit CETA deutlich machen können, „was unsere Werte von Freiheit, von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa und im Zeitalter der Globalisierung bedeuten“, so Herta Däubler-Gmelin.

Schon am heutigen Freitag (23. September 2016) wird es in Bratislava einen informellen Ministerrat geben, wo Gabriel nun für das Abkommen mit Kanada votieren kann. Formell beschlossen werden soll es von der EU dann auf einem Ministerrat am 18. Oktober 2016. Am 27. Oktober 2016 finden Regierungskonsultationen zwischen der EU und Kanada statt. Dort kann der Vertrag dann feierlich unterzeichnet werden.

Wenn bis zum Frühjahr das EU-Parlament zugestimmt hat, wartet laut SPIEGEL die wohl größte Hürde für CETA, die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten der EU-Staaten. Der Bundestag dürfte sich allerdings erst nach den Wahlen im nächsten September 2017 damit befassen. Würde die Große Koalition aus CDU und SPD weiterregieren, sollte einem Ja nichts entgegenstehen. Bei einer schwarz-grünen Koalition dagegen wäre ein positiver Ausgang der Abstimmung mehr als ungewiss: Die Grünen haben sich vehement gegen CETA ausgesprochen und sind bei den Massenprotesten gegen das Abkommen vom vergangenen Wochenende mitmarschiert. Auch in Brüssel gingen am Mittwoch 9.000 Menschen vor dem EU-Hauptquartier gegen CETA und TTIP auf die Straße.

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21 KOMMENTARE

    • doch unsere Stärke ist an der Urne …also überlege nächstes Jahr wen Du wählen möchtest …les Dir sorgfältig die Wahlprogramme duch und entscheide dann ….

    • Lol da glaubt noch jemand an Demokratie…geiecheland-Votum mitbekommen? Was wurde aus dem brexit? Bisher nix und man möchte auch eigentlich nicht aussteigen..

      Was wurde aus der Österreich-Wahl..?

      Manche Menschen..

  1. Alle sollten folgendes machen, nämlich genau das was die Politk nicht macht.
    Zum Staatsschutz gehen und Merkel und Co. ANZEIGEN!
    In jeder größeren Polizeidienststelle gibt es eine Abt. STAATSSCHUTZ!
    Die Staatsanwaltschaft MUSS dann ermitteln.
    Und je mehr Anzeigen erstattet werden, um so mehr gerät der Apparat unter Druck.
    WICHTIG ist zu sagen, daß man den VERDACHT hat, das Merkel sich folgendens zu Schulden hat kommen lassen.
    MAN HAT DEN VERDACHT:

    Bruch des Amtseides.

    Aufforderung zur unerlaubten Einreise, strafbar nämlich nach § 111 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB).“
    Angela Merkels Entschluss, zusammen mit Österreich die EU-Abreden über das
    Weiterreiseverbot von Flüchtlingen außer Kraft zu setzen, stellt sich zweifellos als eine solche
    Förderung (der illegalen Einreise) dar!

    Verstoß gegen $ 16a des Grundgesetzes weil die Asylanten aus sicheren Drittstaaten eingereist sind.

    den VERDACHT äussern,das Merkel die Gründung einer kriminellen Vereinigung (darunter Obama, Hollande und und und)angehört.

    Aufstehen Kaffee oder Tee trinken, Puschen an und ab zum Staatsschutz!
    Keine Angst, sind nette Leute, die Euch bei der Formulierung der Anzeige behilflich sind,
    damit nichts auf Euch wegen falscher Beschuldigung zurückkommt.
    DESHALB: VERDACHT äußern NICHTS behaupten. Dann seid Ihr auf der sicheren Seite.

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