Marsianer von Adlershof: Es gab viel Wasser auf dem Mars

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Professor Dr. Ralf Jaumann, Vizedirektor des Institus für Planetenforschung in Berlin Adlershof: "Auch heut noch kann es in tiefen Tälern im Untergrund Wasser auf dem Mars geben." (Foto: Youtube/DLR)
Professor Dr. Ralf Jaumann, Vizedirektor des Institus für Planetenforschung in Berlin Adlershof: „Auch heute noch kann es in tiefen Tälern im Untergrund Wasser auf dem Mars geben.“ (Foto: Youtube/DLR)

Die Landung der 600 Kilo schweren europäisch-russichen Testsonde Schiaparelli ist nach einer siebenmonatigen Reise zum Mars am 19. Oktober 2016 missglückt. Schiaparelli ist möglicherweise explodiert. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA in Paris teilte gestern mit, nun ausgewertete Aufnahmen legten nahe, dass die Sonde aus einer Höhe von zwei bis vier Kilometern abgestürzt sei. Schiaparelli sei mit einer Geschwindigkeit von mehr als 300 Kilometern pro Stunde auf der Oberfläche des Planeten aufgeschlagen.

„Das ist traurig, aber wir müssen feststellen, dass die Sonde nicht erfolgreich gelandet ist“, sagte ESA-Chef Jan Wörner der Nachrichtenagentur dpa. Es sei wahrscheinlich, dass das Landegerät beim Aufprall mit vollen Tanks explodierte. Aufnahmen der US-Raumfahrtagentur NASA zeigten einen schwarzen Fleck in der Gegend, in der das Raumfahrzeug hätte landen sollen. Der Kontakt zu dem 600 Kilogramm schweren Modul war am Mittwoch etwa 50 Sekunden vor der Landung abgerissen. Die Landung sollte die Generalprobe für den ersten europäischen Rover sein, den die ESA in vier Jahren auf dem Mars absetzen will.

Mit dem Milliardenprojekt ExoMars suchen die ESA und ihr russischer Partner Roskosmos nach Spuren von Leben auf dem Wüstenplaneten.

Trotz der missglückten Landung der Sonde bezeichnete Wörner die Mission als Erfolg, denn die Hauptsonde „Trace Gas Orbiter“ (TGO), die Schiaparelli im Huckepack-Verfahren zum roten Planeten brachte, ist heil und fliege wie geplant um den Mars. Wörners vorläufiges Fazit: „Ein hundertprozentiger Erfolg ist es nicht, es ist nah dran.“

Der ESA-Chef ergänzte, die Muttersonde TGO sei die eigentliche wissenschaftliche Sonde. Sie fliege planmäßig und solle nun erstens die Marsatmosphäre auf Methan untersuchen. Zweitens diene sie als Relay-Station für die Daten, wenn im nächsten Projekt ein Mars-Rover zum roten Planeten geschickt werde und in die Erde bohre.

Und noch etwas ist geglückt: In Adlershof, dem Silicon Valley von Berlin, hat man nachgewiesen: „Es gab sehr viel Wasser auf dem Mars.“

Auch ohne Schiaparelli haben wir unseren Nachbarplaneten gut im Blick: durch den vor 13 Jahren gestarteten Mars Express mit einer im Institut für Planetenforschung DLR in der Rutherfordstraße 2 in Berlin-Adlershof entwickelten hochauflösenden Stereokamera.

Die in Adlershof entwickelte Weltraukamera HRSC lieferte Beweisbilder, dass es auf dem Marsl so viel Wasser wie durch den Ärmelkanal lief (Foto: Youtube(DLR)
Die in Adlershof entwickelte Weltraumkamera HRSC lieferte Beweisbilder, dass auf dem Mars so viel Wasser wie durch den Ärmelkanal lief (Foto: Youtube/DLR)

Seitdem wird der rote Planet in Farbe und 3D kartiert. Mehr weiß der Marsianer von Adlershof Professor Dr. Ralf Jaumann. Der Geologe und stellvertretende Direktor des Instituts für Planetenforschung kennt den Mars praktisch wie seine Westentasche.

Mit der Raumsonde Mars Express haben er und sein Team eine Kamera zum Mars geschickt. Jaumann sagte der rbb Abendschau: „So ein Raumschiff sieht einfach aus, ist aber sehr, sehr komplizierte Technik. Es ist zwar nur eine Kiste, aber da sitzt alles drin. Vom Computer, der das Raumschiff steuert. Die ganzen Instrumente, die auf die Oberfläche schauen.“ Seit 2003 liefert die in Berlin entwickelte Kamera HRSC Bilder, die in Berlin ausgewertet werden.

Auch damals vor 13 Jahren war der erste europäische Versuch einer Mars-Landung missglückt: Im Dezember 2003 verschwand das in Großbritannien gebaute Mini-Landegerät „Beagle 2“ spurlos, nachdem es sich planmäßig von der ESA-Sonde Mars Express gelöst und zur Landung angesetzt hatte. Aber dennoch blieb der Mars Express mit der Kamera an Bord in der Marsumlaufbahn und liefert seitdem Bilder vom Mars.

Professor Jaumann: „Wenn man natürlich nicht weiß, wie die Oberfläche aussieht, und wir wollen das nicht nur zweidimensional, sondern dreidimensional wissen, dann kann man auch nicht interpretieren, wie diese Oberfläche entstanden ist.“ Mit solchem Material kommen die Wissenschaftler zum Teil zu ganz erstaunlichen Erkenntnissen.

Bilder der HRSC-Kamera auf der Welraumsonde Mars Express, die seit 13 Jahren den Mars umkreist, zeigen ehemalige Flusstäler, Überschwemmungsgebiete und Gletscher (Foto: Youtube/DLR)
Bilder der HRSC-Kamera auf der Welraumsonde Mars Express, die seit 13 Jahren den Mars umkreist, zeigen ehemalige Flusstäler, Überschwemmungsgebiete und Gletscher (Foto: Youtube/DLR)

Professor Jaumann: „Na ja, wir haben gesehen, dass auf jeden Fall in früheren Zeiten sehr viel Wasser auf dem Mars vorhanden war. Wir sehen Flusstäler. Wir sehen gewaltige Flusstäler, die eigentlich durch riesige Katastrophen entstanden sind. Das war schon bahnbrechend, weil wir wirklich zum ersten Mal in der Lage waren, Wassermassen zu berechnen, die dort geflossen sind. Und das ist etwas, das man sich so vorstellen kann, was eigentlich jeden Tag durch den Ärmelkanal fließt. Das ist auch auf der Oberfläche vom Mars geflossen.“

Professor Jaumann: „Was die Veränderung hervorgerufen hat, wird noch untersucht. Aber es hat mit sehr, sehr großen Klimakatastrophen zu tun.“ Jaumann weiter: „Auch heute noch kann es in tiefen Tälern im Untergrund Wasser auf dem Mars geben.“ Oder auch in gefrorenem Zustand als Eis unter der Oberfläche, so der Wissenschaftler.

Astrobiologen gehen davon aus: Wo Wasser war, wird es möglicherweise auch einmal Leben gegeben haben.

Die höchste Erhebung auf dem Mars misst übrigens 24 Kilometer. Professor Ralf Jaumann ist fasziniert von diesen Dimensionen. Professor Jaumann: „Ich habe den Film Der Marsianer auch gesehen. Und ohne Frage, es ist eine spannende Darstellung. Vielleicht an der einen oder anderen Stelle nicht ganz der Wirklichkeit entsprechend. Aber das ist natürlich auch künstlerische Freiheit. Selbstverständlich, wenn Sie mir sagen, ich darf da morgen hinfliegen, bin ich dabei.“ Bisher dauert die unbenannte Reise der Marssonde minimal 6 Monate. Professor Jaumann rechnet in seinem Leben nicht wirklich damit, einmal dort hinzufliegen. Das wird aber irgendwann möglich sein.

Was die Besiedlung anbelangt, ist der 62-Jährige eher skeptisch: „Ob man dauerhaft Siedlungen außerhalb der Erde schafft, hängt sehr, sehr stark von den Technologien ab, die man entwickelt. Und die Technologien müssen gewaltig sein. Das heißt, die müssen schon so sein, dass man die Atmosphäre eines Planeten verändern kann. Dass man die Bedingungen auf dem Planeten verändern kann. Dass man mit der Strahlung, die dort herrscht, fertig wird. Ich bin eigentlich guter Hoffnung, dass das geht. Aber wenn man das kann, dann bin ich auch sicher, dass man die Erde wieder reparieren kann.“ Wenn alles gut läuft, rechnen die Wissenschaftler noch mit einer weiteren Lebensdauer der Marssonde Mars Express von zehn Jahren. Die HRSC-Kamera liefert täglich Bilder. Der Mars ist dank der Adlershofer fast so bekannt wie die Erde. Zumindest aus der Ferne.

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