Berliner Sparkasse schließt zwar 10 Filialen, kommt aber zum kostenlosen Hausbesuch

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Nur noch zwei Drittel der 2 Millionen Berliner Sparkassenkunden nutzen die Beratung in einer der 118 Privatkundencentern der Stadt (Foto: Youtube/Berliner Sparkasse)
Viele der 2 Millionen Berliner Sparkassenkunden gehen nur noch einmal pro Jahr in eines der 118 Privatkundencenter der Stadt. (Foto: Youtube/Berliner Sparkasse)

„Wir werden zwar bis Sommer diesen Jahres bis zu 10 wenig genutzte Filialen unserer insgesamt 118 Privatkundencenter in Berlin schließen. Dafür bauen wir unter anderem eine Videoberatung auf, bei der die Kunden live von ihrem heimischen PC aus mit einem Berater kommunizieren. Außerdem verstärken wir unser Team für die kostenlose mobile Beratung, bei der der Berater unabhängig von Standorten und Öffnungszeiten zum Kunden kommt, von derzeit 26 auf 33 Mitarbeiter.“

Das kündigte die Berliner Sparkassensprecherin Constanze Stempel gegenüber dem Berlin Journal für das Jahr 2016 an. Die Berater kommen also verstärkt wie der Hausarzt zum Hausbesuch. Welche Standorte geschlossen werden, wird die Sparkasse den Kunden persönlich mitteilen, bevor es die Öffentlichkeit erfährt.

Das Verhalten der Kunden ändert sich.

600.000 der rund 2 Millionen Sparkassenkunden (Jeder 2. Berliner ist Sparkassenkunde) nutzen inzwischen regelmäßig den Computer oder das Handy, um Rechnungen zu bezahlen oder Überweisungen zu tätigen. Diese Kunden gehen im Durchschnitt nur noch einmal im Jahr in eine Filiale. Seit 2013 ist dies ein Plus von 100.000 Kunden.

Die Berliner Sparkasse verwahrt für ihre Privatkunden Einlagen von mehr als 16 Milliarden Euro per 31. Dezember 2015, eine Milliarde Euro mehr als im Jahr zuvor. Sie leidet  deshalb besonders stark unter der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank mit Sitz in Frankfurt am Main.

Auch für die Berliner Sparkasse war es ein Schwarzer Donnerstag

Am 10. März 2016 hat die Europäische Zentralbank den Leitzins für den Euro-Raum auf Null gesenkt. Einige Sparkassen haben bereits im Vorfeld Altverträge ihrer Kunden gekündigt und die Sparverträge wesentlich schlechter gestellt, wie das ZDFzoom berichete.

Einige Sparkassen haben Altverträge gekündigt.

So hatte die Sparkasse in Ulm rund 14.000 Sparern neue Verträge zu schlechteren Konditionen angedreht. Einige Kunden wollten die lukrativen Verträge nicht kündigen lassen und zogen vor Gericht. Das Oberlandesgericht in Stuttgart gab ihnen 2015 recht – inzwischen hat sich die Sparkasse mit den Kunden außergerichtlich geeinigt.

Die Sparkasse Anhalt-Bitterfeld hatte ebenfalls Kunden gekündigt – und wird sich bald vor Gericht verantworten müssen. Die Verbraucherzentrale hatte geklagt. Kunden die auch von dieser Praxis der Bank betroffen sind, raten Verbraucherschützer zum Widerspruch. Die Aussichten vor Gericht zu gewinnen, stehen zumindest gut.

Berlin Journal fragte in Berlin nach: Kann die Berliner Sparkasse ihren öffentlichen Auftrag überhaupt noch erfüllen?

„Ja“, gibt sich Sparkassensprecherin Constanze Stempel kämpferisch. „Der öffentliche Auftrag ist im Sparkassengesetz festgeschrieben. Diesen Auftrag erfüllen wir selbstverständlich weiterhin. Wir haben keine Altverträge gekündigt. Allerdings mussten auch wir aufgrund der fortgesetzten Niedrigzinspolitik der EZB die Zinsen für Spareinlagen senken. Fürs Tagesgeld nach der letzten Zinsentscheidung der EZB auf 0,01 Prozent.“

Der öffentliche Auftrag

Die Berliner Sparkasse wurde vom Magistrat im Jahr 1818 gegründet, „um den hiesigen Einwohnern Gelegenheit zu geben, ihre kleinen Ersparnisse zinsbar und sicher unterzubringen, und ihnen dadurch behilflich zu sein, sich ein Kapital zu sammeln, welches sie bei Verheiratungen, Etablierung eines Gewerbes, im Alter oder in Fällen der Not benützen können“, heißt es im Gründungsstatut.

Dieser Auftrag ist seitdem unverändert – das neue Berliner Sparkassengesetz steht in der Tradition seiner zahlreichen Vorläufer seit 1818. Nach diesem im Juni 2005 verabschiedeten Gesetz obliegt der Berliner Sparkasse  „die Förderung des Sparens und die Befriedigung des örtlichen Kreditbedarfs, insbesondere des Mittelstands und der wirtschaftlichen schwächeren Bevölkerungskreise“.

Gebührenerhöhungen sind jedoch unausweichlich

„Aber“, macht die Berliner Sparkassensprecherin Stempel klar. „An Gebührenerhöhungen kommen wir nicht vorbei. Weil die Kosten gestiegen sind. Seit 2009 bieten wir unverändert zwei Konten für 2 und 4 Euro im Monat an. Andere Dienstleister haben ihre Preise seither bereits mehrfach erhöht. Wir prüfen gerade, für welche Leistungen wir künftig Gebühren erheben werden.“

Berlin Journal: Muss mit einer Erhöhung der Dispozinsen von derzeit 10,5 Prozent pro Jahr gerechnet werden, um die Zinsen auf den Sparkonten zu decken?

Constanze Stempel: „Nein, eine Änderung der Dispozinsen ist nicht geplant. Hier liegen wir im guten Mittelfeld der deutschen Geldinstitute. Im Übrigen verlangen wir im Gegensatz zu anderen Geldhäusern keinen Überziehungszins, wenn die geduldete Überziehung überschritten wird. In beiden fällen verlangen wir 10,5 Prozent.“

Berlin Journal: „Bekommen Gewerbekunden einen Negativzins in Form einer Geldverwahrgebühr, wie es etwa bei der Commerzbank üblich ist?“

Constanze Stempel: „Da unterscheiden wir zwischen unseren klassischen Gewerbekunden und großen Firmenkunden beziehungsweise Institutionellen Anlegern, also Fonds oder Banken. Wenn letztere Gelder zu uns transferieren, weil sie bei der EZB oder anderen Banken Verwahrgebühren zahlen müssen, werden wir als Sparkasse nicht die kostenlose Verwahrstelle für diese Kunden sein. Die genauen Modelle werden ebenfalls gerade erarbeitet. Sie sehen, es wird sich in diesem Jahr einiges ändern.“

Berlin Journal: Wie das ZDF berichtete, haben andere Sparkassen in Deutschland wie etwa die Sparkasse Stendal in Sachsen Anhalt neben dem Tresorraum einen exklusiven Weinkeller für 80.000 Euro zum Treff mit vermögenden Anlegern eingerichtet, wo der Vorstandschef mit seinen Kumpels Fußball guckte, oder auch ein paar Oldtimer angeschafft, um an Oldtimerrallyes teilzunehmen. Wie sieht es in Berlin aus?

Constanze Stempel: „Wir haben keinen Weinkeller oder etwas Ähnliches. Zur Betreuung hochvermögender Kunden hat die Berliner Sparkasse alle Berater zu Financial Consultants ausgebildet. Das Private Banking wird künftig an zwei zusätzlichen Standorten in Berlin angeboten.“

Berlin Journal: Wie sieht es bei Flüchtlingen aus?

Constanze Stempel: „Mit der Einrichtung von zwei KundenCentern für Flüchtlinge Ende September 2015 leistet die Berliner Sparkasse einen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und für die künftige Integration. Dort können täglich bis zu 150 Konten eröffnet werden. Insgesamt führt die Berliner Sparkasse bereits rund 16.000 Konten für Flüchtlinge.“

Berlin Journal: Frau Stempel, vielen Dank für das Gespräch.

MBS in Potsdam duckt sich lieber ab

P.S. Berlin Journal hat auch bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse MBS in Potsdam zum Thema Maßhnahmen angesichts der EZB-Nullzins-Politik angefragt.

Der MBS-Sprecher schickte Berlin Journal folgende Antwort:

„Wie Sie auf Ihrer Internet-Seite schreiben, bringen Sie ‚Nachrichten aus der deutschen Hauptstadt‘. Dort sind wir gar nicht tätig. Mithin erkennen wir auch keinen lokalen Bezug.

Freundlichen Grüße, Robert Heiduck, Pressesprecher Vorstandsstab/Kommunikation.“ 

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