Aggressivität in Notaufnahmen steigt

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Pfleger und Ärzte berichten über eine zunehmende Aggressivität in Notaufnahmen in Berlin und Brandenburg (Screenshot: rbb aktuell)
Pfleger und Ärzte berichten über eine zunehmende Aggressivität in Notaufnahmen in Berlin und Brandenburg (Screenshot: rbb aktuell)

Ist jemand in Lebensgefahr oder in Not, braucht er schnell Hilfe im Krankenhaus in der Notaufnahme. Doch da ist er nicht allein. Die Zahl derer, die auf diese Weise Hilfe suchen, ist stark angestiegen. Die Notaufnahmen sind meistens überfüllt. Das macht üble Laune. Die Stimmung ist schlecht. Und darunter leidet auch das Personal.

„Wir haben eine Reihe von Übergriffen gehabt, gerade auf die Pflege“, sagte Martin Möckel der Berliner Morgenpost, Leiter dreier Charité-Notaufnahmen in verschiedenen Bezirken. „Eine Kollegin, die bedroht worden ist, war wochenlang nicht arbeitsfähig.“

Als Ursachen für die aggressive Stimmung vermutet Möckel die hohe Auslastung der Rettungsstellen, was für Patienten ohne dringliche Verletzungen zu Wartezeiten führe. Je weniger krank ein Patient sei, desto aggressiver sei er und desto schneller wolle er behandelt werden, so die Erfahrung in der Charité. Möckel sieht zudem allgemein eine steigende Gewaltbereitschaft. Die Sprecherin des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB) in Marzahn, Angela Kijewski, sagte: „Die Leute sind ungeduldiger geworden.“ Das gilt auch für Brandenburger Notaufnahmen.

In Cottbus haben sich in den letzten 20 Jahren die Zahlen der Patienten vervierfacht. Dafür reicht das Personal nicht aus. In der Notaufnahme haben die dringendsten Fälle Priorität. Immer öfter werden dann andere Patienten, die warten müssen, immer öfter laut und aggressiv. Auch im Carl Thiem Klinikum in Cottbus passiert das immer häufiger. Pfleger Julian wollte kürzlich eine 16-Jährige behandeln, die über Bauchschmerzen klagte. Der Pfleger sagte rbb aktuell: „Sie hatte ihren Vater mit dabei. Dann habe ich kurz zurückgefragt, wie lange sie schon die Schmerzen hat. Warum sie noch nicht zu ihrem Hausarzt gegangen ist. Da ist der Vater völlig ausgeflippt. Hat mir körperlich Gewalt angedroht. Micht bedroht: ‚Wir sehen uns wieder‘.“

Der Chefarzt der Notaufnahme im Carl Thiem Klinikum Cottbus, Olaf Konopke: „Es ist schon so, dass wir mit aggressiven Patienten zu tun haben.  Es überwiegt das Verbale gegenüber der körperlichen Gewalt. Es sind vor allem Patienten unter Alkoholeinfluss. Oder psychiatrische Patienten. Aber auch verbal aggressive Patienten, die gefühlt lange warten. Beziehungsweise auch Angehörige, die gefühlt lange warten.“

Auch in anderen Rettungsstellen wird es immer voller. Das führt zu langen Wartezeiten und Frustration. Nicht immer ist es ein Notfall, wie beispielsweise ein gebrochener Finger. In der Charite in Berlin beobachtet Tobias Lindner, Leiter der Notaufnahme Virchow-Klinikum, dass sich der ein oder andere Patient den Weg zu verschiedenen Facharztpraxen spart und lieber gleich in die Klinik kommt. Lindner: „Im Krankenhaus erwartet er alles auf einmal. Wir nennen das sozusagen das One-Stop-Shopping.“

Die Charite hat auf den Ansturm reagiert. Die Türen der Rettungsstellen sind nicht mehr frei zugänglich. Eine Wachdienststreife hat inzwischen auch Möckel einsetzen lassen, er berichtet von einem neuen Sicherheitskonzept. Die Zeit der offenen Türen in Notaufnahmen ist damit vorbei, Behandlungsbereiche sind nicht mehr für jedermann zugänglich. Wer vom Wartebereich in einen anderen Raum will, muss klingeln.

Tobias Lindner hat außerdem ein Deaskalationstraining absolviert. Denn so eine brenzlige Situation wie vor ein paar Jahren möchte er nicht noch einmal erleben. Lindner: „Als ich einmal einen Patienten wundversorgte. Und der aus dem Nichts auf einmal aufsprang und aggressiv wurde, meine Brille vom Kopf schlug. Mir fehlte ein Fluchtweg. Ich konnte ihn nur durch Glück ablenken, weil sich die Tür öffnete und eine Pflegekraft hineinschaute und ich entweichen konnte. Das ist so das bleibendste Erlebnis.“

In Cottbus hat die Klinikleitung bauliche Veränderungen vorgenommen. Gerade wurde die Notaufnahme mit neuen Behandlungsräumen und modernem Wartebereich mit Monitoren eingeweiht. Pflegedirektorin Andrea Stewig-Nitschke: „Hier schafft man ordentliche Räume. Helligkeit. Transparenz in der Information. Um so mit Umgebungsbedingungen schon auf Wartende einzuwirken und die Atmosphäre etwas zu deeskalieren.“

Das Unfallkrankenhaus Marzahn hat seit Jahren einen Sicherheitsdienst im Eingangsbereich sowie eine Standleitung zur nahe gelegenen Polizeiwache. Wegen der spürbar gestiegenen Aggressivität erarbeite das Unallkrankenhaus Marzahn gemeinsam mit der Polizei ein Konzept zur Schulung des Personals in Konfliktbewältigung.

Was die Deeskalationskurse für die Mitarbeiter betrifft, ist Möckel von der Charite skeptisch. Diese kämen in kritischen Situationen gar nicht dazu, diese Wissen anzuwenden: „Gerade wenn es voll ist.“

Als Erste im Bundesgebiet hatte die Notaufnahme Sankt Georg in Hamburg Security-Personal eingesetzt, um ihre Mitarbeiter bei ihrer Arbeit zu schützen. Vor der Notaufnahme patroullieren Secutiy-Mitarbeiter mit Hunden.

Tobias Lindner von der Charite fordert strukturelle Anpassungen. Lindner: „Na, das System muss sich ändern. Entweder, man schafft es, den Patienten zu lenken. Oder man akzeptiert, dass der Patient sich seinen Weg in die Gesundheitsversorgung selber wählt. Und muss dann die Ressourcen entsprechend in Richtung Krankenhaus verteilen.

Viele Patienten kommen mit Bagatellen

Mehr als 20 Millionen Menschen werden jedes Jahr in den Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser behandelt. 60 Prozent der Patienten werden ambulant versorgt, können also nach kurzer Zeit wieder nach Hause gehen oder zu einem niedergelassenen Arzt weitergeschickt werden, heißt es in einem gemeinsamen Gutachten der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin.

Hohe Kosten für aufwendige Diagnostik

Die Notaufnahmen vieler Krankenhäuser sind überlastet, berichtete Birgit Augustin vom ARD-Magazin PlusMinus im April 2016. Bis abgeklärt ist, ob es sich um einen Notfall oder um eine Bagatelle handelt, läuft im Krankenhaus häufig eine aufwendige und damit teure Diagnostik, zum Beispiel Laboruntersuchungen, Magnetresonanztomografie (MRT) und Ultraschall. In Hamburg vergüten die Kassenärztlichen Vereinigungen den Krankenhäusern diese Leistungen mit etwa 30 Euro. Die tatsächlichen Kosten betragen nach Angaben der Krankenhäuser 130 Euro. Jeder Patient in der Notfallambulanz verursache somit ein Defizit von 100 Euro, hochgerechnet für ganz Deutschland rund eine Milliarde Euro pro Jahr.

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24 KOMMENTARE

  1. Wer die Notaufnahme ausnutzt steht ausser zweifel ,man lässt sich mittlerweile mit Taxis zu Notaufnahme fahren ,costa nixta ,bevor hier blöde kommis kommt ,schon mehrfach erlebt, aber nicht aus spass sondern Herzinfarkt gefahr ,weil schon 2 waren ,von daher bekommt man das live mit , 1 Patient krank ,10 Leute mit ,so sieht es aus hier ! ! ! !

    • Woran das wohl iiegen mag? Das Sich-Zurücknehmen einer zivilen Kultiviertheit weicht zunehmend radikaler Kämpfermentalität. Wer seine eigenen Werte zugunsten archaischer Unkultiviertheit wegwirft, darf sich auch hier nicht wundern.

  2. Da sollte sich einmal die Politik Gedanken machen warum es so ist aber die haben damit zu tun sich über ihre nächste Diätenerhöhung den Kopf zu zerbrechen. Monatelange Wartezeiten beim Facharzt, überall fehlen Allgemeinmediziner, Privatpatienten werden bevorzugt behandelt, Häufung von Ärzten in Ballungsgebieten dagegen wird im ländlichen Raum die medizinische Versorgung immer schlechter. Dazu noch die Behandlung von immer mehr Migranten ohne Deutschkentnisse und damit verbunden längere Wartezeiten in Praxen für Deutsche. Das damit gleichzeitig die Frustationsgrenze sinkt ist wohl mehr als verständlich, noch dazu wenn man sieht mit welchen Wehwehchen sich die Gutmenschen mit ihren Zöglingen in die Notaufnahmen begeben. Ali hat sich in den Finger geschnitten, so helfen sie ihm doch oder er verblutet, so in etwa.

    • Privatpatienten werden in der Notaufnahme nicht bevorzugt. Jedenfalls nicht in unserer Gegend. Ich hab mir auch schon den A…. abgewartet. War sauer, aber ich würde n i e verbal oder körperlich ausfällig werden. Gab’s früher nicht, tut mir leid. Ist vielleicht der allgemeine Werteverfall. So wie die fehlende Rettungsgasse oder die Spanner bei Unfällen.

  3. ….es gibt mittlerweile eine Anspruchshaltung vieler BÜRGER, die wollen eine Vollverköstigung, mit Halsschmerzen sofort behandelt werden und wenn es etwas länger dauert, dann wird aus nicht Deutsch verstehenden Mündern ganz schnell mal das Wort Nazi gebrüllt und Krankenpflegerinnen werden beschimpft…..aber nein….dies sind ja Einzeilfälle und kommt ja nicht vor…..zum Glück bin ich kein Krankenpfleger☺

  4. Die steigt nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch auf den Stationen wo das Gesindel liegt. Da werden permanent Pfleger Krankenschwestern und auch Ärzte titulieren, das ist unterste Schublade, und am schlimmsten sind die Romas, wenn da einer von denen im Krankenhaus ist, da kommt die gesamte Buckelische Verwandtschaft nach, als ob er schon auf dem Sterbebett liegen würde. Da wird nicht nur der Notaufnahmebereich blockiert, nein auch die komplette Station wo der Kranke liegt, danach sieht es aus wie in einem Schlachtfeld, das ist der Alltag mittlerweile in den meisten großen Kliniken hier im Land, auch ja, bezahlen müssen die ja nichts, zahlt alles der blöde Steuerzahler, da es ja angehende Fachkräfte von der Schleusermutti sind

    • Da ist aber leider schon was dran. Seit es keine Regeln für Besuchszeiten mehr gibt, sind gewisse Familien Tag und Nacht in den Krankenzimmern. Das ist so schlimm. Bei Frischoperierten ganz problematisch. Wenn Kinder laut brüllend ans Bett stoßen, es wird lautstark diskutiert, teilweise sogar gekocht !!! , weil das KH Essen unzumutbar ist. Man glaubt es nicht. Noch nie erlebt? Schön, sind sie froh. Man kann ja auch nix dagegen tun, außer man geht in ein Einzelzimmer, wenn man denn eines bekommt.

    • Maike Melchert, ich habe früher öfter Krankenhäuser beliefert, es ist wirklich so, wenn gewisse Nationen dort um Hilfe suchen. Ein bekannter von mir hatte in Frankfurt auf Station gelegen, nicht nur er hatte dort gelegen, auch die Besuch von einem Rumänen haben vor der Tür gelegen

      • Stefan Lütje, ich möchte an dieser Stelle gar nicht sagen, welche Wörter mir für Maike Melchert einfallen. Die Alte ist ein Fall für die Psychiatrie…

  5. Maike Melchert. Sie sind mit Sicherheit nicht Krankenschwester oder ähnliches? Wollen es aber besser wissen , Sie Bessserer Gutmensch.Feiern Sie sich schön.Weihrauch nicht vergessen oder Gebetskette

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