Möbeltransport ins Nirgendwo und kein Geld zurück!

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Der Sitz des Start up Umzugsunternehmens Mycango in der Pappelallee 78-79 in Berlin-Prenzlauer Berg , Foto: Google Streetview
Der Sitz des Startup-Umzugsunternehmens Mycango in der Pappelallee 78-79 in Berlin-Prenzlauer Berg, Foto: Google Streetview

Bis zu 70 Prozent billiger wollte das Startup Mycango sein. Doch wer auf dem dazugehörigen Portal Möbeltransport.de bucht, ist schon mal Möbel und Geld los.

Die aus Lettland stammende Startup-Gründerin Zane Brauere (31) war mit ihrer andalusischen Firma Mycango International Limited in die einstige Berliner Wäschefabrik in Prenzlauer Berg gezogen, um von dem klassizistischen Prachtbau in der Pappelallee 78/79 aus und mit dem neuen Schwung der Gründerszene die altgedienten Möbelbtransport- und Umzugsplatzhirsche  in Deutschland und darüber hinaus in ganz Europa in die Schranken zu weisen.

Das fängt schon beim ersten Kontakt an. Bei Zane Brauere erhält der Kunde für seinen Umzug schon nach 2 Minuten per E-Mail einen Festpreis. Über eine Mitfahrgelegenheit für Möbel (Beiladung) senkt dann die scheinbar gutvernetzte Lettin den Preis für den Transport eines Möbelstücks um 70 Prozent gegenüber der Konkurrenz.

Ein Tisch beispielsweise wird von ihren Kunden unverpackt deutschlandweit ab 69 Euro abgeholt. Der Spediteur kümmert sich um das Einpacken des Möbelstücks in eine Decke und übernminnt auch das Verzurren mit einem Gurt. Auch wird der Tisch bis 500 Euro gegen Verlust oder Beschädigung versichert. Mit einem kleinen Expresszuschlag ist der Tisch schon nach 10 Tagen am neuen Ort. So das Versprechen auf der Homepage Moebeltransport.de/tisch-versenden.

Den Schlüssel zu ihrem Erfolg sieht Business-Frau Brauere in ihren an einem Strang ziehenden Partner-Speditionen. Brauere betont auf ihrer Homepage: „Zahlreiche Möbelspeditionen, Umzugsunternehmen und Kurierdienste sorgen hierbei für einen reibungslosen Transport ihrer Möbel.“

Das Konzept mit ihren drei Transportmarken Mycango, Mymovers und MSL Deutschland aus dem Prenzlauer Berg schien zunächst voll aufzugeben.

Doch seit ein paar Wochen scheint die Möbeltransport-Maklerin zum Spielball vermeintlicher Betrüger geworden zu sein.

Ganze Möbelstücke verschwinden einfach im Nirwana. Oder werden trotz Vorkasse und Versicherung gar nicht erst abgeholt – und das Geld gibt es auch nicht zurück.

Zane Brauere versucht, mit heiler Haut aus der Misere herauszukommen, indem sie betont, dass sie ja keine Spediteurin sei, sondern nur gegen Provision die Transporte vermitteln würde. Sie verspricht Klärung. Was ihr aber bisher nicht gelang.

Der Bösewicht in der Sache sei ein gewisser Felix König vom Möbel Express Versand aus der Roßbrunnstraße 21 im bayerischen Schweinfurt.

Wie sie ihre Kunden wissen ließ, habe Zane Brauere den Verdacht, dass ihr Geschäftspartner Felix König mit einem mutmaßlichen Speditionsganoven unter einer Decke stecken könnte, den die Kripo vor kurzem auffliegen lassen haben soll. Sie hatte im Februar Felix König in einer E-Mail geschrieben, die sie ihren Kunden zur Kenntnis gab (Deutsch so belassen):

„Die Nachricht betrifft im übrigen auch alle anderen Möbelstücke, die von Euch abgeholt wurden, jedoch laut Kunden anscheinend nicht geliefert werden.

Sollten wir hier bis Morgen 17.00 Uhr keine Anwort von Euch vorliegen haben, geht zur gleichen Zeit eine Anzeige bei der zuständigen Kripo wegen Diebstahl und Unterschlagung ein. Eine weitere Info, erfolgt an die Gewerbeaufsicht, sowie der Steuerbehörde.

Eine Kopie dieser E-Mail geht an jeden Kunden, die bis Dato noch auf Ihre Ware warten.

GANZ WICHTIG FÜR EUCH !!!!!

Eine Kopie erhält dann ebenfalls die Kripo (Ermittlungsgruppe), die bereits gegen Denis Bresler (DB Sperrguttransporte) seid Wochen ermittelt und dessen Lagerhalle vor einigen Tagen versiegelt wurde, da auch dieser Kunden, die Ware nicht zugestellt hat und wir davon ausgehen, dass hier ein gemeinsamer gewerbsmäßiger Betrug vorliegt.“

Moebeltransport.de: Die Geschichte vom verschwundenen Tisch 

Ein betroffener Berliner Kunde wollte von Mycango lediglich einen Tisch ins niedersächsische Barnstedt transportiert haben. Eine scheinbar nicht so schwere Aufgabe für ein Speditionsunternehmen, sollte man annehmen.

Das Dorf Barnstedt (318 Hektar) steht schon seit über einem halben Jahrtausend immer am selben Fleck, an einer Flussbiegung der Aller. Die 63 Einwohner sind mit der Außenwelt über eine nahe  Intercity-Bahnstrecke (Hannover-Verden-Hamburg) verbunden. Die Post kommt auf der überörtlichen Kreisstraße 14 daher.  Der Tisch aus Berlin jedoch kam in Barnstedt auch nach monatelangem Warten nie an. Der betroffene Kunde schilderte dem Berlin Journal den Verlauf so:

    Am 23. Januar 2017 auf der Seite Moebeltransport.de, einem Service von MYMOVERS für Europaweite Möbel Transporte & Umzüge und MYCANGO Moebeltransport & Umzug S.L., eine Kostenanfrage gestellt.

    Am 24. Januar Rechnung bestätigt/erhalten – 169 Euro gezahlt und mit Versicherung abgeschlossen.

    Auf der Internetseite ist angegeben, dass der Versand 10 Tage dauern soll.

    Am 1. Februar erfolgte eine schriftliche Anfrage zum Versand der Ware —>  Antwort: „Es erfolgen beim Möbelversand durch unseren Versandpartner leider keine Zwischenstandsmeldungen.“ —> Anscheinend keine Absprache mit Geschäftspartnern = inkompetent.

    Am 1. Februar wurde die Ware immer noch nicht abgeholt. Daraufhin fragte ich ein weiteres mal an —> Antwort: „Wollen wir nächste Woche abholen“ —> Somit sei schon mal die angegebene Dauer von 10 Tagen Versand überschritten.

    Am 10. Februar erfolgte eine weitere Anfrage über das Möbelstück, da es noch nicht abgeholt wurde, geschweige denn ein Termin zur Abholung ausgemacht wurde – Antwort: „Wir bitten die Spedition um eine Info zum Auftrag“.

    Nach mehrmaligen Anrufen ist selten bis nie einer ans Telefon gegangen. Als ich den Sachverhalt (Überschreitung der Versanddauer und daß der Tisch gebraucht wird) am Telefon mehrmals angesprochen habe, bekam ich diese inkompetenten Antworten: „Wir werden versuchen, da etwas zu machen“ und „Ich kann auch nicht mehr machen, als dem Spediteur zu schreiben“ —> Schnippische, kundenunfreundliche Art und Weise.

    Am 10. Februar habe ich noch einmal Fragen zum Versand gestellt (Per Mail) = keine Antwort bekommen.

    Am 13. Februar weitere Fragen zum Versand per Mail —> Antwort: „Abholung erfolgt diese Woche.“

    Am 16. Februar weitere Anfrage zum Versand, da Abholung immer noch nicht erfolgt ist. —>Antwort: „Laut Spediteur wird die Ware diese Woche abgeholt. Ein telefonischer Avis erfolgt noch.“ —> 16. Februar ist ein Donnerstag, und bei der Eingabe der Abholung habe ich angegeben, dass dieser Tisch innerhalb der Woche und nicht am Wochenende abgeholt werden soll. Außerdem wurde ausgemacht, dass 2-3 Tage vorher der Termin abgesprochen werden soll.

    Am 16. Februar wollte ich eine verbindliches Abholdatum, da ich schon fast einen Monat auf mein Möbelstück in Barnstedt wartete —> Antwort: am 17. Februar: „Wird am Sonntag abgeholt, eine telefonische Absprache erfolgt noch“.

    Am Sonntagabend, dem 19. Februar, wurde nach fast einem Monat das Möbelstück abgeholt (nach kurzfristiger Terminabsprache).

    Am 17. Februar wurde mir versichert (telefonisch), daß, sobald das Möbelstück abgeholt ist, es nur noch 2-3 Tage dauern soll, bis der Tisch in Barnstedt ankommt, da dieser ohne Zwischenstopp weiter versendet wird.

    Am 21. Februar Anfrage meinerseits: „Guten Tag, wann wird der Tisch ausgeliefert?“ Antwort: „Wir haben nachgefragt, sobald wir eine Rückmeldung haben, melden wir uns.“

    Am 22. und 23. Februar weitere Anfragen meinerseits, da ich immer noch keine Rückmeldung erhalten habe.

    Am 24. Februar erhalte ich diese Antwort: „Ware wird nächste Woche geliefert. Telefonische Terminvereinbarung wird vereinbart. MFG“  —> Das heißt, eine weitere Woche auf meine Lieferung warten.

    Da am 27. Februar immer noch keine Antwort beziehungsweise Terminvereinbarung (selbst auf Anfrage) erfolgte, bekomme ich diese Antwort, in der die Schuld auf andere „abgewälzt“ werden soll: „Wie eben telefonisch besprochen, anbei Adresse und E-Mail der Spedition, die diesen Auftrag ausführen sollte, zur Fristsetzung bzw. Nichtliefer-Bestätigung, die Sie nach Erhalt uns bitte auch zukommen lassen sollten.“

Es handelte sich bei der Spedition um die Firma König Transport aus Schweinfurt. Der Tisch aus Berlin kam in Barnstedt nie an.

Wie Zane Brauere ihren Kunden am 27. Februar 2017 schriftlich bestätigte, war das leider kein Einzelfall: 

„Die Spedition König Transport hat es geschafft, über uns über 130 Aufträge angenommen zu haben, die mehr als ¾ der Kunden im Anschluss wütend wieder storniert haben.

Wir haben die Unzuverlässigkeit leider zu spät bemerkt. Auch unserer Aufforderung nach, wurde uns immer noch nicht, eine Gewerbescheinnummer, Steuernummer, noch eine Versicherungsnummer, des Spediteurs vorgelegt. Dieses haben wir hier heute erneut angefordert, der Spediteur hätte uns dieses vor einer Annahme eines Auftrages übermitteln müssen.“

Schließlich habe Zane Brauere den Spediteur Felix König am 28. Februar 2017 bei der Kripo in Schweinwurft angezeigt. Sie teilte ihren Kunden am selben Tag schriftlich mit: „Sehr geehrte Damen und Herren, gegen den Spediteur (König Transport) ist heute eine Anzeige wegen Unterschlagung und Diebstahls gemacht worden.“

Die Kunden von Mycango, Mymovers und MSL Deutschland fragen sich: Bekommen wir unsere Möbel und unser angezahltes Geld zurück?

Die Antwort von Möbeltransport.de lautete am 9. März 2017 ausweichend:  „Gegen den Spediteur Felix König (König Transporte) wird derzeit ermittelt. Bitte lassen Sie sich nicht darauf ein, hier irgendetwas zu bezahlen. Wir melden uns bei Ihnen, sobald wir eine neue Info von der Kripo haben. Telefonnnummer des Sachbearbeiters bei der Polizei Schweinfurt, 0049 9721 202 2112,  Herr Funke, Aktenzeichen: BY6202-006092-17/4, MYCANGO Möbeltransport & Umzug S.L. gegen Spedition König Inhaber Felix König.“ 

Ein Nachhaken des Berliner Tischkunden, wann er nun seine 169 Euro zurückbekommt, wurde wie folgt beantwortet: ?? Melden Sie sich bitte umgehend bei der Kripo… Es wird nichts erstattet. Der Auftrag wurde über uns erstellt und wird über uns auch abgerechnet!“

Doch der Kunde fragt sich, wie etwas abgerechnet werden soll, wenn der Auftrag nie ausgeführt wurde?

Er schickte wütend folgende E-Mail an Mycango: „Na dann werden Sie wohl eine Anzeige erhalten wegen nicht Ausführens des Vertrags und dafür, dass Sie mir meine 169 Euro unterschlagen.“

Mycango antwortete darauf: „Es ändert nichts daran, es ermittelt die Kripo.“

Gegenüber dem Berlin Journal kommentiert der Mycango-Kunde: So werden Kunden bei dieser Firma inkompetent beraten und bei gefühlten 1.000 Anfrage einfach ‚abgefrühstückt’. Und dann wird den Kunden bei dieser Firma auch noch das Geld unterschlagen und, so wie es aussieht, ihnen die Möbelstücke geklaut. Außerdem habe ich für einen Aufpreis eine Versicherung abgeschlossen, falls meinem Möbelstück etwas passieren sollte. Darauf wurde auch nicht eingegangen.“

Auch der Spediteur Felix König wurde um eine Stellungnahme gebeten. Er ließ mehrere Anfragen bis heute unbeantwortet.

Die Schuld trifft aber nicht ihn allein. Die junge aufstrebende Speditionsvermittlerin Zane Brauere hat es wohl auch selbst an Sorgfaltspflicht vermissen lassen.

Aus dem E-Mail-Verkehr, den sie auch in Kopie an ihre Kunden sandte und der Berlin Journal vorliegt, wird ersichtlich, dass sie den Geschäftspartner Felix König dutzte und ihm Aufträge gab, obwohl er ihrer wochenlangen Bitte nach einem Nachweis der Steuerident-Nummer und der Wirtschaftsident-Nummer gar nicht nachgekommen war.

Die alte Wäscherei in Prenzlauer Berg hat wahrlich bessere Tage gesehen.

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