Zuwanderung: Der Fuchs erobert Berlin

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Der Fuchs erobert Berlin. (Screenshot: rbb)
Der Fuchs erobert Berlin. (Screenshot: rbb)

Es ist absolut nicht zu leugnen, der Fuchs erobert Berlin. Überall in der deutschen Hauptstadt leben Füchse und es werden immer mehr, ob in Mitte oder im Speckgürtel. Das Vorkommen zieht sich bis ins Brandenburgische. Die Tiere lieben die Morgendämmerung, wenn es noch ruhig in der Stadt ist, ohne Lärm und viel Verkehr. Dann genießen sie die Zeit, bis sie sich in ihren Bau zurückziehen. Erst am Nachmittag werden sie wieder aktiv. Wie viele Füchse insgesamt in der Stadt leben, das kann niemand genau sagen.

„Er wechselt oft die Wohnung, er lebt in Patchworkfamilien, er zieht die ganze Nacht um die Häuser und jetzt morgens geht er gerade mal ins Bett. Klingt nach so einem typischen Berliner Hipster, passt aber auch für den Stadtfuchs. “ Mit diesen Worten startet der rbb Berlin Moderator Sascha Hingst am Freitag, den 27.11.2015, um 20.15 die Dokumentation namens „Füchse in der Stadt“. Der Fernsehsender berichtete über den Alltag eines Stadtfuchses und seine Anpassungen an die Stadt mit all ihren Vor- und Nachteilen für ihn selbst.

Dies untersucht seit einiger Zeit auch das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, welches seine Erkenntnisse in der Sendung ebenfalls mitteilte. Für das Projekt sammelten sie über die Monate reichlich Fuchsgeschichten der Berliner und Brandenburger, über 900 insgesamt, wovon einzelne gezeigt wurden. 24 Stunden begleitete das Team den Alltag der Stadtfüchse Berlins, um Rückschlüsse auf ihre Gewohnheiten zu ziehen.

Es ist sehr bemerkenswert, wie der Fuchs sich dem „neuen“ Lebensraum anpasst, um als Wildtier in ihr zu bestehen. Deswegen ist der Begriff „Stadtfuchs“ auch äußerst passend. Der Taxifahrer Peter Liebig sagte einmal, als er an einer Ampel Richtung Zoo zum Stehen kam und sah, wie zwei Füchse die grüne Ampel überquerten: „Na dit können sich manche Kinder als Vorbild nehmen, wie man über eine Ampel läuft. Nicht bei Rot, sondern bei Grün.“. Die Zuständige Biologin des Leibniz-Instituts, Sophia Kimmig, erklärt dies so, dass die Füchse weniger wüssten, wann Grün ist, als, dass sie sich an dem Verkehr orientieren, indem sie die Autos beobachten.

Berlins spektakulärster Fuchsbau

In Karow, im Nord-Osten Berlins, soll sich Berlins spektakulärster Fuchsbau befinden. Das rbb-Team besuchte ein Pärchen, hinter deren Haus sich ein ehemaliger Luftschutzbunker befindet, der des Öfteren als Bau für die örtlichen Füchse dienen solle. Diesen Dienst erfülle die 10 Meter hohe Ruine äußerst gut.

In Berlin-Neukölln zwischen Hermannplatz und Richardplatz ist am dichtesten bebaut, was für Füchse jedoch kein Hindernis zu sein scheint. Abseits des Trubels auf der Karl-Marx-Straße hat Neukölln viel Grün zu bieten. Und Menschen, die sich als sehr fuchsfreundlich erweisen. Die katholische Schule St. Marien besitzt 4 Fuchsbauten auf ihrem Schulgelände. Für die Füchse eignet sich dieses als äußerst vorteilhaften Lebensraum in der Stadt. Die Zeiten, wann der Trubel beginnt und endet sind berechenbar und sie haben weitgehend ihre Ruhe, wofür der Hausmeister der Schule zusätzlich zu sorge.

Die Stadt bietet sicherlich einige Nachteile für den Fuchs, aber bezogen auf Nahrung hat er in der Stadt deutlich mehr Möglichkeiten der Beschaffung. Ob der Burger von gestern Abend, von dem der letzte Rest in die Mülltonne geflogen ist, oder Ratten und Mäuse, der Fuchs ernährt sich vielfältig. Laut Sophia Kimmig solle man jedoch unbedingt darauf verzichten, ihn bewusst zu füttern, da er sich daran gewöhnen und immer näher kommen könne, sowie der Nachbarschaft, was andere Bewohner verärgern könnte.

Das Autobahnkreuz Schöneberg bietet dem Stadtfuchs eine ganz besondere Art der „Ruhe“.

Laut Berlins bekanntesten Wildtierexperten Derk Ehlert gilt das Autobahndreieck als „Platz der Plätze“ für die Tiere. Die „Ruhe“ bezieht sich dabei nicht auf den Lärm, der interessiere ihn nicht. Viel mehr ist er dort auf den Grünflächen zwischen den Autobahnen sicher vor Störenfrieden, solang er lernt die Straßen sicher zu überqueren.

Prof. Heribert Hofer vom Leibniz-Institut schätzt die Lebenserwartung eines Stadtfuchses geringer ein, als die eines Landfuchses, nämlich 3-4 Jahre. Die Fuchsjagd ist in Berlin jedoch verboten, was somit keinen Grund für die geringere Lebenserwartung darstellt.

Der Stadtfuchs kennt die Verhaltensweisen der Menschen ziemlich genau, weiß, wann und wo wir uns aufhalten, was wir wegwerfen. Das macht ihn gerade zum Überlebenskünstler in der Stadt.

Im Gegensatz zum Landfuchs hat er in der Gesamtheit wesentlich weniger Angst, was ihn als sehr zutraulich wirken lässt. Derk Ehlert bezeichnet die Stadtfüchse als „moderne Füchse“, da sie unter ganz anderen Lebensverhältnissen leben als die Landfüchse. Auf die Frage, ob man generell von einer typischen Berliner Fuchsfamilie sprechen könne, antwortete er : „ Nein, das geht nicht. Und das finde ich so schön an Berlin, hier ist nichts typisch, also auch die Füchse in Berlin sind untypisch“.

Da mit dem Fuchs sehr häufig Tollwut in Verbindung gebracht wird, könnte die ausgeprägte Zutraulichkeit des Stadtfuchses in einigen Berlinern vielleicht Besorgnis auslösen. Jedoch klärte Sophia Kimmig darüber auf, dass in Deutschland der Fuchs seit 2008 als tollwutfrei gelte und in Berlin der letzte Tollwutfall 1996 gewesen sei. Dahingehend sei jede Sorge unbegründet.

Im gesamten Projekt habe sie am meisten verblüfft, wie nah der Fuchs dem Menschen tatsächlich kommt und seine Gelassenheit dabei. Im Rahmen des Projekts empfinden 85 Prozent der Befragten die Präsenz des Fuchses als positiv, was eine gute Basis für die Nachbarschaft für Fuchs und Mensch in der Stadt darstellt. Es ist richtig, wenn man sagt, der Fuchs erobert Berlin.

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