Beschlossen: Quartier Riehmers Hofgarten wird beschlagnahmt

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Vom schlichten Rathaus Kreuzberg in der Yorckstraße 4-11 schauen die Mitarbeiter der Abteilung für Gesundheit, Soziales und Beschäftigung fast täglich auf die Barockfassaden des Gründerzeit-Quartiers auf der Straßenseite gegenüber, in denen aus Spekulationsgründen Wohnungen leer stehen. (Foto: Google)
Vom schlichten Rathaus Kreuzberg in der Yorckstraße 4-11 schauen die Mitarbeiter der Abteilung für Gesundheit, Soziales und Beschäftigung fast täglich auf die Barockfassaden des Gründerzeit-Quartiers auf der Straßenseite gegenüber, in denen mutmaßlich aus Spekulationsgründen Wohnungen leerstehen. (Foto: Google)

Von ihrem schlichten Nachkriegs-Zehngeschosser schauen die Rathausmitarbeiter der Abteilung für Gesundheit, Soziales und Beschäftigung jeden Arbeitstag vom Büro oder beim Frühstück und Mittagessen in der Kantine im 10. Stock auf das barocke Triumphbogenportal mit mächtigen Atlanten im Schlüterschen Stil auf der Straßenseite gegenüber. Das Portal führt zum Gründerzeit-Quartier Riehmers Hofgarten, in denen mehr als 80 der 300 Wohnungen mutmaßlich aus Spekulationsgründen leerstehen.

Die Wohnungen wurden von dem Berliner Bauherrn und Architekten Wilhelm Riehmer sowie Otto Mrosk 1891/92 ursprünglich für eine besserverdienende Mittelschicht aus Kaufleuten, Handwerkern und Regimentsoffizieren der nahegelegenen Armeeanlagen gebaut. Diese Bewohnerstruktur änderte sich durch die Inflation der Nachkriegsjahre in den 1920er Jahren. Im Jahr 1923 verkauften die Erben Riehmers die komplette Anlage.

2007 hatte es ein irischer Investor gekauft, der mit 20 Ferienapartments viele Mieter vertrieb.

Seine Firma, die Fünfte Festland Grundstücks GmbH aus dem Rietzer Berg 5
in Kloster Lehnin Ortsteil Rietz im Land Brandenburg, verschickte Kündigungsschreiben an die meisten Gewerbetreibenden, verunsicherte aber auch die privaten Mieter. Viele zogen freiwillig aus. Mit schlimmen Folgen für die Substanz.

An den denkmalgeschützten Häusern bröckelte der Putz.

Das beklagt auch Klaus-Peter Willhöft, Chef des Riehmers Hofgarten-Hotels und seit 13 Jahren hier in der Yorckstraße. „Man muss sich nur umsehen, das war einmal ein gepflegtes Objekt. Der damalige Eigentümer ging durch den Hofgarten und sammelte jeden Papierschnipsel auf. Heute findet nichts davon mehr statt.“

 

Eingangsportal in der Yorckstraße 83 in Kreuzberg zum Edel-Quartier Riehmer Höfe mit 300 Wohnungen. Der Bezirk will dort leerstehende Wohnungen imNotfall, zum Beispiel wenn der Winter kommt, für Flüchtlinge beschlagnahmen und die ortsübliche Miete an den Eigentümer bezahlen. Das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung diese Woche gegen den Willen der CDU-Fraktion. (Foto: Wikipedia/Achim Raschka)
Eingangsportal in der Yorckstraße 83 in Kreuzberg zum Edel-Quartier Riehmers Hofgarten mit 300 Wohnungen. Der Bezirk will dort leerstehende Wohnungen im Notfall, zum Beispiel wenn der Winter kommt, für Flüchtlinge beschlagnahmen und die ortsübliche Miete an den Eigentümer bezahlen. Das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung diese Woche gegen den Willen der CDU-Fraktion. (Foto: Wikipedia/Achim Raschka)

2012 wechselte Riehmers Hofgarten erneut den Besitzer.

Der irische Investor war mit seinem Konzept, den Preis für die Häuser durch gezielte Entmietung weiter hoch zu treiben, offensichtlich gescheitert. Leerstand bedeutet gleichzeitig auch massive Mietausfälle, doch die Betriebskosten für die leeren Wohnungen fallen trotzdem weiter an.

Jetzt gehört die Wohnanlage gleich drei Immobilienfirmen, die sich das Areal aufgeteilt haben. Was die Firmen jeweils planen, ist unklar. Nur eine von ihnen ist bislang ins Grundbuch eingetragen.

Ein Eigentümer ist die 2011 gegründete Neue Riehmers Hofgarten GmbH aus der Torstraße 131 in Berlin Mitte unter Leitung der beiden Geschäftsführer Osman Necdet Turkay und Gurhan Berker.  Doch allem Anschein spekulieren nun die neuen Eigentümer auf Leerstand und Umwandlung der Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen, deren Sanierung der Staat zu 100 Prozent fördert.

Dafür nehmen die Geschäftsführer in der dieses Jahr veröffentlichten Bilanz für das Geschäftsjahr 2013 eine bilanzielle Überschuldung von rund 2,1 Millionen Euro in Kauf. Bei Null Eigenkapital wurden Kredite in Höhe von 22,4 Millionen Euro aufgenommen, denen Vorräte in Höhe von rund 20,1 Millionen Euro und Einnahmen (Forderungen) in Höhe von rund 60.000 Euro gegenüberstehen.

Die verbliebenen Mieter im Quartier starteten 2013 eine Initiative zum Erhalt der Mietswohnungen.

Mit dem Bezirksamt hatten die neuen Besitzer Meinungsverschiedenheiten zur weiteren Behandlung der Bauten, weswegen im Frühjahr 2013 die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen hat, eine empirische Sozialstudie in Auftrag zu geben, um zu prüfen, ob das Wohnensemble einem der beiden benachbarten Milieuschutz-Gebiete (Hornstraße oder Chamissokiez) zugeordnet werden kann.

Der Flüchtlingsnotstand ändert nun alles.

Die nun beschlossene Beschlagnahme soll aber nur als letzter Ausweg geschehen, wenn Flüchtlinge auf der Straße sind und wenn alle Gespräche mit den Eigentümern scheitern sollten.

Grundlage des Antrags ist das Berliner Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (ASOG). Dieses sieht vor, dass die Nutzung von Immobilien gegen Entschädigungszahlungen erzwungen werden kann.

Die Entscheidung über eine Beschlagnahmung war bereits Ende September bei der BVV im Gespräch. Allerdings hatte man die Entscheidung auf die nächste Sitzung am 28. Oktober 2015 vertagt, wo der Beschluss nun gefasst wurde.

Seit dem Wochenende werden auch die Hallen des stillgelegten Flughafens Tempelhof zur Flüchtlingsunterbringung genutzt. Angesichts des in der Hauptstadt besonders großen Flüchtlingsandrangs und der allgemeinen Wohnraumknappheit hat der Senat seit Monaten Probleme, ausreichend Unterkünfte für Neuankömmlinge zur Verfügung zu stellen.

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30 KOMMENTARE

    • Wir zahlen so oder so: Doch allem Anschein spekulieren nun die neuen Eigentümer auf Leerstand und Umwandlung der Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen, deren Sanierung der Staat zu 100 Prozent fördert

    • Deutschland ist ein Irrenhaus, es werden Leute ins Land geholt, die man nur unterbringen kann in dem man Privateigentum beschlagnahmt… Die rechte Szene wird sich für solche Aktionen bedanken, das nennt man dann wohl „Öl ins Feuer gießen“

  1. Eine sehr gute Lösung. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Den krimminellen Imobilienspekulanten mal die Grenzen gezeigt und gleichzeitig Wohnraum für Menschen geschaffen. Wenn ich aber hier schon wieder die Kommentare von besorgten Bürgern (Herr Thomas Keiling, Herr Karl-Heinz Glocker ) lese diie hier um „Ihre“ Steuergelder fürchten, kommt mir das kotzen. Wo ist der Protest der besorgten über die aktuelle Rettung der HS-Nordbank ( 12 Milliarden Steuergelder oder über die Steuerflüchtlinge (Deutsch und Reich), geschätzte ca 120 Milliareden hinterzogene Steuern ). Diese Liste liese sich noch lange fortsetzen.

  2. Wahnsinn, echt!! Die Obdachlosen erfrieren auf den Straßen und aus aller Herren Länder kommen sie eingereist, ohne jedes rechtstaatliche Aufnahmeverfahren. Dublin-II, scheissegal, Grenzkontrollen, scheissegal, ob’s Kriegsflüchtlinge oder einfach nur Einwanderer sind, alles scheissegal. Recht wird hunderttausendfach gebrochen, und unterbringen kann man all diese Menschen nur, indem Privateigentum beschlagnahmt wird? Und ab nächstem Jahr dann der Familiennachzug, selbstverständlich. Hauptsache immer rein mit allen. 🙂

    • solange Politiker in den Medien dem Volk erzählen das sie nach dem verfassungsrecht handeln ?????? wird sich nichts ändern !!! Da es in diesem Land keine verfassung gibtm können sie auch nicht handeln !!!!

    • einfach mal wieder die Wasserhähne laufen lassen oder ein Feuerchen machen,weil das Essen nicht schmeckt… ich bin gegen Enteignung, egal aus welchem Grunde. Es gibt auch noch genug Platz im BER !

  3. komich alles leerstehend wohnungen?? obdachlose bekommen keine gratis wohnung klasse vermietung an deutsche unbezahlbar klasse langsam frage ich mich ob es nicht seit jahren geplant war so vorzugehen und wohnungen absichliche in leerstände gehalten wurden keine stattliche gesetze aber endeignungen pur Frau Merkel wieviel rechte nehmen sie sich noch raus wollen die das deutsche volk gegen asylanten neu einwanderung austauschen?? wielange dauertn die 400 anzeigen gegen sie alles verschleppung nur

  4. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. 0€ Eigenkapital, aber über 20 Millionen€ auf Kredit. Wenn man dann noch die Namen der Eigentümer liest bekommt man das Kotzen.
    Ein Eigentümer ist die 2011 gegründete Neue Riehmers Hofgarten GmbH aus der Torstraße 131 in Berlin Mitte unter Leitung der beiden Geschäftsführer Osman Necdet Turkay und Gurhan Berker. Doch allem Anschein spekulieren nun die neuen Eigentümer auf Leerstand und Umwandlung der Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen, deren Sanierung der Staat zu 100 Prozent fördert.

    Dafür nehmen die Geschäftsführer in der dieses Jahr veröffentlichten Bilanz für das Geschäftsjahr 2013 eine bilanzielle Überschuldung von rund 2,1 Millionen Euro in Kauf. Bei Null Eigenkapital wurden Kredite in Höhe von 22,4 Millionen Euro aufgenommen, denen Vorräte in Höhe von rund 20,1 Millionen Euro und Einnahmen (Forderungen) in Höhe von rund 60.000 Euro gegenüberstehen.

  5. Der schoene Riehmers Hofgarten ,fast prunkvoll,auch verschenkt und verschleudert und nie wieder nutzbar.
    Als Naechstes die Schloesser.Das neue Stadtschloss Unter den Linden usw.
    Alles nichts wert im DE.Alles umsonst…lach

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