Michael Ballhaus sieht jetzt mit den Ohren

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Es ist tragisch: Der Berliner Filmer Michael Ballhaus (80, Die fabelhaften Baker Boys, Gangs of New York, Der Teufel trägt Prada) stand vierzig Jahre hinter der Kamera und hat mit den ganz Großen des Filmgeschäfts gearbeitet: Rainer Werner Fassbinder, Martin Scorsese, Robert de Niro, Paul Newman oder Leonardo Di Caprio. Mit seinen Augen setzte er die Visionen der Regisseure und Schauspieler um. Nun macht ihn eine schwere Augenkrankheit (Grüner Star) fast blind.

Doch Ballhaus gibt nicht auf.

Ballhaus, der nach dem Tod seiner ersten Frau Helga am 28. September 2006 wieder ganz zurück nach Berlin Zehlendorf zog, wo auch seine beiden Söhne Sebastian (Produktionsassistent) und Florian Ballhaus (Kameramann) zur Schule gingen, schrieb sein Leben auf. Im letzten Jahr erschien seine Autobiographie im btb Taschenbuchverlag. Der Titel: „Bilder im Kopf“.

Am 4. August 2015 feierte Ballhaus seinen 80.Geburtstag. Sein Bekenntnis: „Ich habe vor 20 Jahren erfahren, dass ich den Grünen Star habe. Ich wusste, dass es schlechter werden würde mit den Augen und gehe damit heute anders um. Ich habe Hörbücher für mich entdeckt und sehe jetzt mit den Ohren.“

In seiner Hollywood-Zeit wurde Ballhaus dreimal für einen Oscar nominiert, darunter auch mit „Die fabelhaften Baker Boys“. In diesem Film ist auch jene Kamerafahrt zu sehen, die ein Markenzeichen von Ballhaus werden sollte: der Ballhaus-Kreisel, eine 360-Grad-Kamerafahrt. Jeff Bridges spielt den Flügel, auf dem Michelle Pfeiffer liegt und „Makin’ Whoopee“ singt, während die Kamera die beiden umrundet. „Ich war sicher nicht der Erste, der das gemacht hat, aber die Kamerafahrt war sehr stark mit dem Inhalt verankert und deshalb hat sich das eingeprägt.“

Diese Technik wurde 1966 von Claude Lelouch erfunden, doch erst Ballhaus machte sie von 1974 an populär.

2013 drehte Michael Ballhaus seinen letzten Film als Kameramann: „3096 Tage“. Der Film basiert auf der Autobiografie von Natascha Kampusch, die im Jahr 1998 als zehnjährige Österreicherin von dem arbeitslosen Nachrichtentechniker Wolfgang Přiklopil in Wien entführt und mehr als acht Jahre lang in seinem Haus im Bezirk Gänserndorf, östlich von Wien, gefangen gehalten, bevor sie 2006 im Alter von 18 Jahren fliehen konnte.

Im vergangenen Jahr zog Ballhaus, der auch an Filmschulen unterrichtete und den Berlinale-Campus unterstützte, sich ganz aus dem Filmgeschäft zurück – auch wegen seiner Augenkrankheit.

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2 KOMMENTARE

  1. Das mit dem Grünen Star ist nicht gut. Schön immerhin, dass es Hörbücher gibt. Ich mag Hörbücher auch sehr. Da gibt es so viel Wunderbares zu hören auf dem Weg zur Arbeit und zurück. Die anderen Fahrgäste wundern sich glaube ich, warum ich auf dem Arbeitsweg immer so gut gelaunt bin. Weil ich so lustige Sachen höre natürlich!

  2. Toller Mann. Seine Filme sind für mich Legende. „Die fabelhaften Baker Boys“ muss ich aber noch mal anschauen. Ist ne Weile her.. 😉

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