Krieg der Terrorbrüder: Al-Quaida gegen ISIS

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Al-Quaida-Chef Aiman-Al-Zawahiri (64) schickte Kämpfer gegen den ISIS nach Syrien (Foto: Youtube)
Al-Quaida-Chef Aiman-Al-Zawahiri (64) schickte Kämpfer gegen den ISIS nach Syrien (Foto: Youtube)

Beide Terrornetzwerke Al-Quaida und ISIS haben denselben Ursprung. Beide wollen ein Kalifat errichte. Nach dem Islamischen Staat in Syrien und Irak (ISIS) kündigte vor zwei Jahren  auch Al-Qaida ein Kalifat an – es soll in Myanmar, Bangladesch und Teilen von Indien entstehen. Doch aus einstigen Brüdern sind inzwischen erbitterte Feinde geworden.

Doch für das einst von Bin Laden geführte Terrornetzwerk Al-Quaida ist ISIS inzwischen ein Konkurrent im bizarren Wettstreit um mediale Aufmerksamkeit geworden. „Ohne mediale Aufmerksamkeitsverstärkung wäre auch der Terror machtlos“, schrieb der Medienwissenschaftler Professor Stephan Ruß-Mohl schon 2010. Er leitet das European Journalism Observatory (EJO) an der Università della Svizzera italiana.

Bereits im letzten Jahr stritten sich die Terrorfürsten  Al-Qaida-Chef Aiman al-Zawahiri (64, geboren in Syrien) und ISIS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi (44, geboren im Irak) öffentlich darum: Wer hat die meisten Terror-Anhänger? Damals noch verbal.

Für die Ergreifung des ISIS-Chefs ABu Bakr al-Baghdadi (44) ist von der Regierung der Vereinigten Staaten eine Belohnung in Höhe von 10 Millionen US-Dollar ausgesetzt (Foto: Youtube)
Für die Ergreifung des ISIS-Chefs Abu Bakr al-Baghdadi (44) ist von der Regierung der Vereinigten Staaten eine Belohnung in Höhe von 10 Millionen US-Dollar ausgesetzt (Foto: Youtube)

Am 26. Juni 2014 rief Abu Bakr al-Baghdadi den sogenannten „Islamischen Staat“ aus und ernannte sich selbst zum „Kalifen“.

In einer Audiobotschaft hat al-Zawahiri im September 2015 klar gestellt, das von ISIS ausgerufene Kalifat nicht anzuerkennen. Das berichtete der Nachrichtensender CNN.

Al-Baghdadi sei ein „Blender“, der sich selbst zum Kalifen ernannt habe, unterstützt von „ein paar unbekannten Leuten“, beschwerte sich der al-Qaida-Boss in der Nachricht an seine Anhänger. Weiter warf er dem ISIS-Chef vor, ihm seine Anhänger abzuwerben – genau das ist scheinbar auch der wahre Hintergrund von al-Zawahiris Zorn.

Am Ende der Botschaft ließ al-Zawahiri allerdings sogar offen, ob es in Zukunft nicht doch eine Zusammenarbeit der beiden konkurrierenden Terrorgruppen geben könnte: „Im Irak oder Sham (Syrien) würde ich mit ihnen kooperieren, um gemeinsame Feinde zu bekämpfen.“

Doch nun ruft Al-Quaida-Boss Aiman al-Zawahiri zu den Waffen gegen seine Glaubensbrüder.

Al-Qaida-Chef Aiman al-Zawahiri hat offenbar Angst, seine Schergen könnten ihm davonlaufen – und sich der medial erfolgreicheren Konkurrenz anschließen.

Anfang Mai 2016 meldete sich Al-Quada-Chef Ayman al-Zawahiri erneut mit einer Audio-Botschaft zu Wort und wandte sich darin vor allem gegen den in Syrien immer stärker werdenden ISIS.

Alle Muslime sollten den Dschihad in Syrien unterstützen und „gegen Verschwörungen schützen“, sagte Zawahiri in seiner 10-minütigen Nachricht mit dem Titel „Schließt euch dem Dschihad in Syrien an“, die über al-Qaida-Kanäle online verbreitet wurde.

Wenige Tage später nun scheint Terrorfürst al-Zawahiri seinen Drohungen Taten folgen zu lassen. Wie die New York Times unter Berufung auf hochrangige Geheimdienstmitarbeiter berichtet, habe al-Qaida mehr als 12 seiner erfahrensten Anführer nach Syrien entsandt.

Dies könne als Vorbote einer Eskalation der Feindseligkeiten zwischen den „Terror-Brüdern“ ISIS und al-Qaida gewertet werden, äußerten westliche Diplomaten in der Zeitung. „Blutige Rivalitäten“ drohten, wenn sich al-Qaida tatsächlich dafür entscheide, gegen ISIS in den Krieg zu ziehen.

Wie der Terror-Experte Charles Lister dem Portal Foreign Policy mitteilte, seien unter den nach Syrien gesendeten Terroristen auch al-Qaida Attentäter aus den 1990er-Jahren. Es handele sich um Saif al-Adel, Abu Al-Khayr al-Masri und Abdullah Ahmed Abdullah, die an den verheerenden Autobombenanschlägen 1998 auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania beteiligt gewesen sein sollen.

Al-Quaida und ISIS: 2 unterschiedliche Taktiken

Al-Qaida und der Islamischen Staat ISIS haben zwar dasselbe Ziel, einen islamischen Staat zu schaffen, aber sie haben unterschiedliche Taktiken, sagte Lister der New York Times. Der Islamische Staat bewege sich schnell, hart, erlange eine einseitige Kontrolle über das Territorium im Irak und in Syrien und erkläre seine Unabhängigkeit. Die Nusra Front (Soldaten von Al-Quaida) baut seinen Einfluss sorgfältig auf, um alle Bereiche zu steuern, und arbeitet mit anderen syrischen Rebellengruppen gegenüber der Regierung von Präsident Bashar al-Assad zusammen.

Schätzungen gehen laut New York Times davon aus, dass ISIS derzeit zwischen 19.000 und 25.000 Kämpfer in seinen Reihen hat, aufgeteilt auf Syrien und den Irak. Besonders ausländische Dschihadisten sind bereit, sich zwischen den beiden Ländern frei zu bewegen, um gegen die Feinde der Terrormiliz zu kämpfen.

Al-Qaida beziehungsweise deren bewaffneter Arm in Syrien, die Nusra-Front, soll zwischen 5.000 und 10.000 Männer in Syrien unter Waffen haben. Dies hört sich erst einmal nach weniger an. Allerdings kann die Organisation auf andere dschihadistische Kämpfer im Land zurückgreifen, beispielsweise die Dschund al-Aksa (etwa 600 Mann) oder Islamische Turkestan-Partei (bis zu 1.000 Mann).

Wie Experten der New York Times mitteilten, strebten sowohl ISIS als auch die der al-Qaida verbundene Nusra-Front in Syrien einen Islamischen Staat an. Unterschied sei aber, dass ISIS ein Kalifat errichten wollte, Nusra ein Emirat. Das Emirat der al-Qaida-Organisation sei regional begrenzt, während das Kalifat von ISIS einen Anspruch auf Führung aller Muslime weltweit erheben würde.

Möglich ist demnach, dass es in Syrien bald zwei selbsternannte Islamische Staaten gibt, die einander feindlich gegenüber stehen würden.

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