Betonkrebs: Brandenburg muss gesamte Autobahn noch mal bauen

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Vom Betonkrebs ist momentan auch die A13 Berlin - Dresden massiv betroffen (Screenshot: rbb-Aktuell)
Vom Betonkrebs ist momentan auch die A13 Berlin – Dresden massiv betroffen (Screenshot: rbb-Aktuell)

Nur mit ganz bestimmten Betonzuschlägen und mit der richtigen Gesteinskörnung kann vermieden werden, dass eine Autobahnbetonplatte bei Nässe anfängt zu bröckeln. Die Krankheit heißt Betonkrebs – eine Alkali-Kiesel-Reaktion (kurz AKR). Sie hat eine Inkubationszeit von 5  bis 10 Jahren. Autobahnbau-Firmen müssen aber nur 4 Jahre für ihren Pfusch haften. Und sind dann in der Regel fein raus.

Danach haftet der Steuerzahler. Betroffen von unheilbarem Betonkrebs, der im Jahre 2005 zutage getreten ist, ist die gesamte Brandenburger Autobahn (rund 796 Kilometer), inklusive des Berliner Ringes, des mit 196 Kilometern längsten Autobahnrings Europas. Der Betonkrebs gilt bislang als unheilbar, also als unreparierbar. Die Schäden sind inzwischen so schlimm, dass das Land Brandenburg nicht darum herumkommt, die gesamte Autobahn noch einmal zu bauen. Die Kosten dafür belaufen sich bis zum Jahr 2023 auf rund 200 Millionen Euro.

Dabei war das gesamte Autobahnnetz aus holprigen DDR-Betonplatten nach der politischen Wende komplett erneuert und ausgebaut worden.

Der vor 11 Jahren zutage getretene Betonkrebs hätte vermieden werden können.

Bereits im Jahre 1992 wies der Geologe und Mineraloge Gerhard Hempel aus Weimar darauf hin, dass das Risiko von AKR-Schäden durch die Auswahl der richtigen Gesteinskörnungen reduziert werden könne. Doch seine Worte blieben offenbar in der Märkischen Heide Brandenburgs ungehört.

Mindestens 30 Jahre sollte der Beton halten, aus dem die Brandenburger Autobahnen sind. Zumindest die, die neu gemacht wurden. Das ist ein Spezialbeton. Superfest. Superrobust. Superpreiswert. Aber wohl auch ein Superreinfall, wie rbb aktuell gestern meldete.

Denn besagte Autobahnen wurden zum Sanierungsfall. Superbelastend für Sanierer und Steuerzahler.

Was sich gerade auf den Autobahnen rund um Berlin abspielt, ist ein ein bisschen wie beim Zahnarzt: Bohren, säubern, füllen. Die Behandlung am offenen Fahrbahnbelag findet gerade auf der A13 Berlin – Dresden statt. Ein aufwendiges Verfahren, aber das einzige, was schnell hilft, wenn auch nicht dauerhaft. Auch hier bröckelt mittlerweile die Autobahn an den Fugen und Ecken.

Begonnen hat alles auf dem südlichen Berliner Ring. Einer der ersten nach der Wende neugebauten Autobahnen bei Rangsdorf. 2006 zeigte der damalige Autobahnmeister rbb aktuell entsetzt seine bröckelnde Autobahn. Die Bilanz nach zehn Jahren ist heute verheerend.

Maik Schüßler vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg resümiert: „Ab 2005 sind die Schäden am Berliner Südring massiv zutage getreten. Also nach 12 Jahren. Wir haben dien Berliner Südring mit Asphalt überbaut. Das war in den Jahren von 2007 bis 2012.“

Während dort der Beton mit Asphalt überzogen wurde, traten an den nächsten Strecken ebensolche Schäden auf. Es ist immer dasselbe Szenario: Erst zeigen sich dunkle Schatten. Dann feine Risse. Bald bröckelt es auch hier.

Und es gibt kaum eine Strecke die nicht geschädigt ist. Der letzte Stand von 2014 zeigt: Ein Viertel aller Strecken ist von der Alkali-Kieselsäure-Reaktion AKR akut betroffen. Weil nach den Rissen Löcher entstehen, muss die freie Fahrt eingeschränkt werden, bis repariert ist.

Aber selbst nach einer Schnellreparatur bleibt, wie beispielsweise auf der A13, ein Tempolimit bestehen. Weil weitere Aufbrüche im Beton wahrscheinlich sind. Bundesweit wurde geforscht. Es wurden Lehren aus den Vorfällen gezogen.

Maik Schüßler: „Heutzutage wird präventiv mehr gemacht. Ich stelle einen Beton her, setze den Beton Versuchsbedingungen im Labor aus. 9 Monate, wo das ganze Szenario der Klimabedingungen nachgebildet wird. In der sogenannten Klimakammer. Das reicht von Frost-Tau-Wechsel, über Wasserbeanspruchung, Tausalzbeanspruchung. Wenn ich neu baue. Dort haben sich die Vorschriften massiv verändert. Dass da vermehrt Prüfungen gemacht werden müssen, bevor ich überhaupt eine Betonrepeztur einsetzen darf. Und mit dem, was jetzt da ist, mit dem muss man leben.“

Ein Viertel aller Brandenburger Autobahnen leidet an offenem Betonkrebs. Brandenburg kommt langfristig um die Erneuerung der eigentlich noch neuen Autobahn nicht herum. Zusatzkosten bis 2023: 200 Millionen Euro (Screenshot: rbb-Aktuell)
Ein Viertel aller Brandenburger Autobahnen leidet an offenem Betonkrebs. Brandenburg kommt langfristig um die Erneuerung der eigentlich noch neuen Autobahn nicht herum. Zusatzkosten bis 2023: 200 Millionen Euro (Screenshot: rbb-Aktuell)

Damit leben, heißt: Geschwindigkeiten werden reduziert. Spuren gesperrt, repariert, erneuert, Stau produziert. Reparieren alleine wird nicht helfen. Nicht eine Methode wurde bisher gefunden, mit der man einen Neubau der stark belasteten Brandenburger Fahrbahnen langfristig vermeiden kann.

Diplomingenieur Edgar Gaffry, Vorstand Planung & Bau vom Landesbetrieb Straßenwesen mit Sitz in Kyritz an der Knatter, sagte dem rbb: „Wir laufen immer mehr auf die Situation hinzu, dass wir unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis kommen: Ab einem gewissen Schädigungsgrad ist es eigentlich unerlässlich, die Betonfahrbahn komplett auszubauen und wieder neu einzubauen.“

Die, die die Autobahn gebaut haben, müssen für die Schäden nicht haften, weil die Garantiezeit für eine Autobahn, die 30 Jahre halten soll, wie bereits erwähnt, nur vier Jahre beträgt.

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8 KOMMENTARE

  1. Warum werden nicht das Betonwerk und die Verarbeiter finanziell zur Rechenschaft gezogen. Bei den heute möglichen Prüfmethoden sollten diese Probleme nicht auftreten.

  2. Schon komisch!! Adolf seine Autobahnen haben die ganze DDR überlebt.
    Naja, geht heute eher nach dem Thema -> „Baue was und baue es ja so, dass Du später auch noch was zu bauen hast!!!“

    • In gewisser Hinsicht muss ich dir Recht geben, aber der Verkehr zu DDRzeiten war nicht so stark wie Heute und Schwerlasttransporte in dieser Groessenordnung gab es „nicht“

  3. Wahrscheinlich die selbe „superrobuste Sparmischung“ wie bei ihren „Holocau$t“-Kloetzen. /X=D

    Die Bauwerke des Fuehrers sollten 1000 Jahre halten. Das groesste von ihnen, die Autobahn, war wenigstens fuer 50 Jahre in passablem Zustand.

    An all ihrem Tun und Unterlassen merkt man, wie wichtig es den Demokraten zu sein scheint, mit ihrer BRD den „Gegenentwurf“ zu Deutschland darzustellen.
    Auf das leere Geschwafel dieser vorsaetzlichen Versager hoert zwar keiner mehr, aber auch in ALLEN ihren „Represaentationsbauten“ spiegelt sich der Geist dieser Minusauslese wider! /;=)

    Demokratentum ist Verbrechertum!

  4. War doch jedem klar! Das kommt zu den unnötigen Kosten des Soli einfach nur oben drauf. Mal sehn was noch kommt.

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